Framing Reality

Das Kinosterben der letzten Jahre wurde von einem Filmsterben begleitet, denn tatsächlich erleben viele Filme, die auf internationalen Festivals höchst erfolgreich gelaufen sind, keinen regulären Kinostart mehr in Österreich. Die neu ins Leben gerufene Reihe "Framing Reality" möchte genau diese Filme hierzulande auf die Leinwand bringen.

Unter verschiedenen Themen werden sich wechselnde Kurator/innen im Jahresrhythmus der weißen Flecken auf der Kinoweltkarte annehmen. Die am Donnerstag startende erste Ausgabe von Framing Reality steht unter dem Titel "From Sundance to Vienna" und bringt Höhepunkte dieses Festivals des amerikanischen unabhängigen Kinos nach Wien. Die diesjährigen Personalen sind der Oscar-Preisträgerin Barbara Kopple und der Neuentdeckung von 2009, Lynn Shelton, gewidmet.

Kulturjournal, 24.06.2014

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Framing Reality

1978 wurde in Utah das Sundance-Festival ins Leben gerufen und entwickelte sich unter seinem Vorsitzenden Robert Redford schnell zu einem Dreh- und Angelpunkt des amerikanischen Independent-Films. Quentin Tarantino, Steven Soderbergh und Jim Jarmusch - sie alle verdanken Sundance ihren großen Durchbruch. Daneben gibt es aber auch noch einen anderen Grund, gerade diesem Festival die erste Ausgabe von Framing Reality zu widmen: Viele Filme hätten zwar viele Preise gewonnen, "schaffen's aber nicht nach Wien", so Barbara Reumüller, die Framing Reality ins Leben gerufen hat.

Reumüller kennt man als Gründerin von Identitites, dem Festival des Queer Films. Zu ihrem Konzept von Framing Reality gehört es, "dem weiblichen Filmschaffen einen größeren Raum zu geben", denn von großen Festivals werde immer wieder behauptet, man fände nur wenig Filme von Frauen. Solche Vorurteile wischt Framing Reality vom Tisch. Und das mit einem genüsslichen Augenzwinkern, denn es ist ein intelligenter und hochskurriler Humor, der die meisten Werke der durchwegs weiblichen Filmschaffenden durchzieht.

Eine der wichtigsten amerikanischen Autorenfilmerinnen der letzten Jahre ist Lynn Shelton und ihr hat die erste Ausgabe von Framing Reality eine Personale gewidmet. Shelton hat zwar in New York studiert, als Filmemacherin ist sie aber nach Seattle, an den Ort ihrer Kindheit, zurückgekehrt. Dort realisiert sie ihre Filme mit der immergleichen Crew, die im Vorfeld für einen geringen Lohn arbeitet und dafür am Profit beteiligt wird. Dass Shelton einmal auf dem Regiesessel Platz nehmen würde, hat sie selbst nicht mehr für möglich gehalten. Bei ihrem Debüt war sie nämlich bereits jenseits der 40, so Framing-Reality-Leiterin Barbara Reumüller.

Lynn Shelton gelang der Durchbruch 2009 mit "Humpday": Zwei alte College-Freunde treffen sich nach Jahrzehnten wieder, und um sich und ihrer Umwelt zu beweisen, dass sie noch immer jung, verrückt und subversiv sind, beschließen die beiden Hetero-Männer einen Schwulenporno zu drehen. Nicht weniger delikat sind die Dialoge in Lynn Sheltons Tragikomödie "Your Sister's Sister". Der unbeholfene Jack steht zwischen zwei Schwestern. In die eine ist er verliebt, die andere eine Lesbe, hat ihn jedoch, weil sie ein Kind will, zu einem One-Night-Stand verführt.

Framing Reality bringt aber nicht nur Filme, sondern auch Filmschaffende nach Wien. Heuer hat man die Dokumentarfilmerin Barbara Kopple eingeladen. Schon ihr zweiter Film "Harlan County" aus dem Jahr 1976 brachte ihr einen Oscar ein. Anhand eines Bergarbeiterstreiks zeigte Kopple damals die Schattenseiten des "American Dream" auf. Barbara Kopple wird in einem ausführlichen Gespräch über ihre Arbeit berichten und dabei sicherlich mit einigen Anekdoten aufwarten, hat sie doch mit "Wild Man Blues" auch ein sehr intimes Filmporträt Woody Allens gedreht.