Kein Gurt - Strafe auch nach Radarfoto?
Innenministerin Johann Mikl-Leitner (ÖVP) will schärfer gegen Gurtenmuffel vorgehen. So soll ein Foto aus einer Radarkamera für eine Strafe reichen, wenn klar erkennbar ist, dass der Gurt nicht angelegt ist. Noch gibt es Datenschutz-Bedenken.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.6.2014
Ein Bericht von der Trägerin des österreichischen Verkehrssicherheitspreises in der Kategorie Medien,
Miserable "Angurtmoral"
Seit 30 Jahren, seit dem 1. Juli 1984, wird man in Österreich gestraft, wenn man sich im Auto nicht angurtet. Erst durch Androhen einer Strafe haben Autofahrer begonnen, sich anzugurten. Allerdings gibt es nach wie vor konsequente Gurtenmuffel. Fast jede/r Zehnte ist immer noch ohne Gurt unterwegs. Dabei kann der Gurt tatsächlich Leben retten. Jeder zweite Verkehrstote auf der Autobahn war nicht angegurtet. Autofahrer unterschätzen, was passiert, wenn man mit 130 ohne Gurt fährt, sagt Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV): "Er aus dem Auto hinaus katapultiert, wird vom Auto zerquetscht, er wird gegen die Leitschiene geworfen, er fliegt irgendwo in das Grünland gegen einen Baum."
Würden sich nur fünf Prozent mehr Autofahrer angurten, würde es pro Jahr 20 bis 25 Verkehrstote weniger geben, hat das Kuratorium errechnet. Österreich hat eine Anschnallquote von 91 Prozent, in Deutschland, Tschechien oder den Niederlanden sind es 97 Prozent. Noch schlechter schaut es mit der "Angurtmoral" auf dem Rücksitz aus. Nur 75 Prozent sind auch hinten angeschnallt, sagt Thann: "Man glaubt, hinten bin ich ohnedies sicher. Nur: Man wird sozusagen zum Täter. Wenn es zu einer Notbremsung kommt und ich bin nicht angegurtet, werde ich tatsächlich zum Wurfgeschoss auf den Vordermann."
Leichter strafen
Erst mit der Einführung von Strafen hat sich der Gurt im Auto durchgesetzt. Damals ist fast über Nacht die Anschnallquote von sechs Prozent auf über 60 Prozent gestiegen. Jetzt bräuchte es erneut eine Änderung. Wer nicht angeschnallt ist, sollte leichter gestraft werden können, fordert Thann. Denn jetzt müssten Gurtenmuffel, um sie strafen zu können, angehalten werden, "und erst wenn nach dem Anhalten den Gurt immer noch nicht angelegt habe, erst dann kann ich bestraft werden. Das ist ein Unikum in ganz Europa, und das gehört schon längt abgeschafft."
Innenministerin Johann Mikl-Leitner will sogar noch einen Schritt weitergehen. Wenn auf einen Radarfoto oder einem Foto aus einer Abstandsmessungskamera klar erkennbar ist, dass der Gurt nicht angelegt ist, dann soll man auch dafür gestraft werden können. Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung der Straßenverkehrsordnung wurde im April dem Verkehrsministerium übermittelt. Dort heißt es, man wolle sich das genau anschauen. Der Vorschlag müsse vor allem auch datenschutzrechtlich geprüft werden.