US-Spionage: Deutscher Ärger wächst

Zuerst das abgehörte Handy von Kanzlerin Angela Merkel, dann ein deutscher Geheimdienstmitarbeiter, der Informationen an die Amerikaner verkauft und jetzt wieder ein Spionagefall, diesmal im Verteidigungsministerium. Die Amerikaner verhalten sich so dreist, dass selbst den leidenschaftlichsten Amerikafreunden in Berlin langsam die Geduld ausgeht. Zumindest die Wortwahl wird jetzt schärfer.

Mittagsjournal, 10.7.2014

"Blöd", "Dummheit"

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble weiß aus seiner früheren Zeit als Innenminister sehr genau, dass durch den Austausch von Geheimdienst-Informationen mit den Amerikanern Terroranschläge in Deutschland verhindert worden sind. Trotzdem reagiert er jetzt als erstes CDU-Regierungsmitglied sehr scharf und emotional auf die jüngsten Spionagevorwürfe. In einer Fernsehdiskussion des Senders Phoenix sagt Schäuble: "Das heißt aber nicht, dass die Amerikaner drittklassige Leute bei uns anwerben dürfen. Das ist ja sowas von blöd. Über so viel Dummheit kann man nur weinen. Die züchten geradezu diese Stimmungen, da ist die Kanzlerin zu recht - bei der britischen Königin würde man sagen - not amused."

Die Kanzlerin Angela Merkel selbst bleibt zumindest in der Öffentlichkeit zurückhaltend: "Alles was die Regierung weiß, wird zeitnah dem parlamentarischen Kontrollgremium mitgeteilt." Dieses geheim tagende Gremium zur Kontrolle der deutschen Geheimdienste trifft sich heute Mittag, um über die jüngsten Spionagevorwürfe zu beraten.

Scharfe Forderungen

Am vergangenen Freitag ist ein BND-Mitarbeiter als amerikanischer Spion enttarnt worden. Gestern hat es Durchsuchungen im Büro und in der Wohnung eines Mitarbeiters im Verteidigungsministerium gegeben. Der militärische Abwehrdienst der Deutschen ist schon vor längerem auf den Mann aufmerksam geworden. Er soll sich regelmäßig mit amerikanischen Geheimdienstlern getroffen haben.

Die Generalsekretärin von Angela Merkels Koalitionspartner SPD, Yasmin Fahimi, fordert, angesichts eines solchen Vertrauensbruchs unter NATO-Bündnispartnern müssten jetzt die Samthandschuhe ausgezogen werden: "Ich fordere den Abzug des in diese Fälle involvierten Botschaftspersonals und die sofortige Einstellung aller Spionage in unserem Land." Im deutschen Außenministerium wird inzwischen ernsthaft darüber nachgedacht, solche Mitarbeiter der US-Botschaft in Berlin auszuweisen. Die immer neuen Enthüllungen stellen die Loyalität der deutschen Regierung gegenüber dem wichtigen Partner USA auf eine ernsthafte Probe. Die Opposition fordert mit neuer Vehemenz, den Enthüller Edward Snowden nach Deutschland zu holen - auch um den Amerikanern zu zeigen, dass man sich nicht alles gefallen lasse.