NSA: Bespitzelungsausschuss bespitzelt

Das ganze hört sich an wie ein schlechter Witz. Ist aber Realität. Der deutsche parlamentarische Untersuchungsausschuss, der die NSA-Aktivitäten in Deutschland unter die Lupe nehmen soll, ist selbst ausspioniert worden. Ein Deutscher Doppelagent hat offenbar brisante Informationen an eine Kontaktperson der US-Botschaft in Berlin geliefert. Und auch Österreich kommt in dieser Affäre vor.

Mittagsjournal, 5.7.2014

Schatten über dem transatlantischen Verhältnis zwischen Deutschland und den USA gibt es schon länger. Spätestens seit bekannt wurde, dass der amerikanische Auslandsgeheimdienst NSA das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hat, dass massenhaft die Kommunikation unbescholtener Bürger ausgespäht wird. Der laufende NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag soll Licht ins Dunkel bringen, er soll nicht nur die Rolle der NSA, sondern auch des deutschen Bundesnachrichtendienstes BND klären.

Doch ausgerechnet dieser Untersuchungsausschuss wurde wiederum von einem Doppelagenten bespitzelt. Ein Mitarbeiter des BND hat offenbar brisante Informationen an eine Kontaktperson der US-Botschaft in Berlin geliefert. Klingt fast wie der Stoff für einen Spionagefilm, in dem auch Österreich eine kleine Nebenrolle spielt.

Totale Überwachung

Von einem Skandal und einem Angriff auf die parlamentarische Demokratie spricht der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss Christian Flisek. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer von der CSU sagt: sollte sich der Verdacht bewahrheiten, wäre das ein riesiger Vertrauensbruch im transatlantischen Verhältnis.

Nun, genau danach sieht es aus. Ein Mitarbeiter des Deutschen Bundesnachrichtendienst hat offenbar für die USA die geheimen Unterlagen des NSA-Untersuchungsausschusses kopiert. Das bestätigt Regierungssprecher Steffen Seibert. Und die Bundesregierung bemüht sich klar zu stellen, dass das kein Kavalierdelikt sei.

Zwei Jahre lang soll der Mann, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt, für die Amerikaner spioniert haben. Mehr als 200 Dokumente hat er offenbar verkauft. Angeboten soll er sich selbst haben. Per e-mail an die US-Botschaft. 25.000 Euro hat er angeblich dafür bekommen.

Und auch eine Österreichische Komponente gibt es. Die Übergabe des USB-Sticks mit den Dokumenten war offenbar in unserem Land. Aufgeflogen ist der Doppelspion weil er jetzt angeblich auch versucht hat, Material an die Russen zu verkaufen.

Die Reaktionen in Deutschland reichen von empört bis zu: Uns wundert gar nichts mehr. Thomas Opermann, Mitglied des Untersuchungsausschusses, SPD

Zusätzlich brisant ist die Sache, da der Bundesnachrichtendienst seit Beginn der NSA-Abhöraffäre in Verdacht steht, ein starkes Eigenleben zu führen. Also quasi an der Politik vorbei deutlich stärker mit den Amerikanern zu kooperieren als das zugegeben wird.

In einer ersten Reaktion ist der US-Botschafter in Deutschland noch gestern am Abend ins Außenamt zitiert worden. Die Deutschen Medien sind sich heute jedenfalls einig, dass die ganze Sache eine ungeheuerliche Bloßstellung Deutschlands sei: „Washington gefällt sich in der Rolle der Supermacht, die niemandem Rechenschaft ablegen muss. Und solange deutsche Regierungsvertreter so handzahm wie bisher auf immer neue Skandale reagieren, wird sich das nicht ändern." Die USA würden mit nackter Arroganz auftreten, heißt es.

Aber - und auch das ist die Erkenntnis in vielen Kommentaren in Deutschen Zeitungen heute: Es wird zwar wieder Empörung geben - aber es wird sich trotzdem nicht viel ändern. Denn beide Regierungen, die Deutsche und die Amerikanische hätten ein gemeinsames Ziel: Die totale Ausspitzelung und Überwachung ihrer eigenen Bürger. Und da brauche man eben den jeweils Anderen.

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