NSA: Spionage bis ins deutsche Kanzleramt

Zu den besonders interessanten Spionageobjekten aus Sicht der NSA zählt offensichtlich Deutschland. Der US-Geheimdienst hat offenbar pro Monat eine halbe Milliarde diverser Daten aus Deutschland ausspioniert und dabei auch vor der Regierung und dem Kanzleramt nicht Halt gemacht. Politiker in Deutschland reagieren mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Empörung.

Mittagsjournal, 1.7.2013

Aus Berlin berichtet ORF-Korrespondentin

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Frostiges Klima in Berlin

Vor gut einer Woche haben Barack Obama und Angela Merkel in Berlin die jahrzehntelange Freundschaft zwischen Deutschland und den USA beschworen, seit dem Wochenende kann sich die deutsche Kanzlerin nicht mehr sicher sein, welche ihrer vertraulichen e-mail die Amerikaner womöglich ausspioniert haben. Telefonate, e-mails, SMS oder Chats im Internet, Millionen Daten werden Monat für Monat ausspioniert, bis hinauf ins Kanzleramt. Deutschland ist - nach den Unterlagen, die der Spiegel veröffentlicht hat - als einziges EU-Land - ein Ziel beträchtlicher Ausspähung für die Amerikaner. Entsprechend die Reaktionen aus allen Parteien. Die deutsche Justizministerin, Sabine Leutheuser-Schnarrenberger meint, die USA hätten die Zielrichtung verloren.

Die Innenexperten von CDU und SPD, Clemens Binninger und Thomas Oppermann sagen, der Kampf gegen Terrorismus funktioniere nur, wenn gegenseitiges Vertrauen da sei. In der NATO würden gemeinsame Werte verteidigt, dazu gehöre die Freiheit der Bürger und die könne nicht Angriffsziel eines Verbündeten sein.

Wirtschaftsspionage vermutet

Es gehe offenbar nicht um Terrorabwehr, sondern um Wirtschaftsspionage sagen die die Grünen Politiker Cem Özdemir und Jürgen Trittin. Die Amerikaner würden sich wie die Chinesen aufführen.

Jürgen Trittin fordert gleichzeitig die Kanzlerin dazu auf, zu sagen, ob es eine klammheimliche Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Nachrichtendienst BND und der NSA gebe. Dass die Geheimdienste kooperieren, ist bekannt. Dafür gibt es Regeln. In mindestens zwei Fällen sind Anschläge in Deutschland aufgrund von Hinweisen aus Amerika verhindert worden, bei denen nicht klar ist, auf welchen Wegen sich die Amerikaner ihre Informationen beschafft haben.

Die Kanzlerin lässt am späten Vormittag ihren Sprecher Steffen Seibert ihre Verwunderung und ihr Befremden ausdrücken. Das ist ziemlich frostig auf der Skala diplomatischer Formeln unter Freunden.

Die Regierung nehme die Berichte sehr ernst und es werde demnächst wieder ein Gespräch zwischen Angela Merkel und Barack Obama geben.

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