NSA sammelt in Europa alles, was sie kann

Welche Daten der US-Geheimdienst NSA weltweit aufsaugt, war schon bisher unschwer zu vermuten, aber die Gewissheit, die die Aufdeckerpapiere von Edward Snowden nun bringen, verblüfft auch Auskenner: Nicht nur bei Feinden hat die NSA verwanzt und mitgeschnitten, sondern auch bei engen Freunden in Westeuropa.

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(c) Nietfeld, DPA

Mittagsjournal, 1.7.2013

38 Botschaften Ziele

Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Telefongespräche und E-Mails, verschlüsselte diplomatische Depeschen und der gesamte Inhalt von Festplatten in EU-Botschaften in Washington und New York - alles wurde angezapft und kopiert. In einem Dokument, das Edward Snowden vorlegt, bezeichnet die NSA 38 Botschaften als "Ziele".

Offenbar ging es unter anderem darum, unterschiedliche Positionen der EU-Staaten auszunützen. Abgehört wurde auch in europäischen Hauptstädten und im Sitz des EU-Ministerrates in Brüssel, wo alle wichtigen Entscheidungen der EU fallen.

Einige EU-Staaten arbeiten mit NSA zusammen

Dass die Amerikaner innerhalb Europas Daten sammeln, ist nicht neu und auch den EU-Partnern nicht unbekannt: Das EU-Parlament beschäftigte sich im Jahr 2000 schon mit dem damaligen Abhörprogramm Echelon. Einige EU-Staaten arbeiten auch aktiv mit der NSA zusammen, indem sie Daten liefern und empfangen. Dabei gibt es aber keine Gleichberechtigung, sondern eine Einteilung nach Vertrauenswürdigkeit, die vielen Europäern besonders sauer aufstößt.

Demnach sind die USA allein der erstklassige Partner, als zweitklassig werden die Briten, Kanadier, Australier und Neuseeländer angesehen, und alle anderen, unter anderem der enge Verbündete Deutschland, sind dritte oder gar vierte Klasse. Diese Einteilung besteht seit Jahrzehnten.

Alles, was gesammelt werden kann, wird gesammelt

Dass EU-Länder mit der NSA zusammenarbeiten, kann noch mit klassischer Abwehr und Terrorbekämpfung erklärt werden, aber der US-amerikanische Geheimdienst hat zuletzt offenbar keinerlei Unterscheidung mehr getroffen, wen er abhört.

Alle Daten, die gesammelt werden können, werden auch gesammelt. Das wird in einem NSA-Dokument so beschrieben: "Wir können die Signale unserer drittklassigen Partner anzapfen und wir tun es auch." Durch die Explosion der technischen Möglichkeiten gibt es offenbar keinerlei Schranken mehr. Gesammelt wird einfach alles, von jedem. Das alles ist offenbar nicht einmal ungesetzlich, denn das entsprechende Gesetz namens Fisa in den USA wurde erst kürzlich erweitert. Der frühere NSA-Direktor Michael Hayden sagt, es gebe jetzt viel mehr Möglichkeiten als unter Präsident George W. Bush.

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