EU will Reisesperren für Dschihadisten

Die Bildung eines fundamentalistischen Staatsgebildes in Teilen des Iraks und Syriens erhöht die Terrorgefahr in Europa. Zu diesem Schluss kamen die EU-Innenminister diese Woche bei einer informellen Tagung in Italien. Die Behörden fürchten, dass tausende islamistische Kämpfer mit europäischen Pässen auch in Europa Gewalttaten durchführen könnten. Ein europäischer Aktionsplan gegen Syrien Heimkehrer soll die Antwort sein.

Morgenjournal, 11.7.2014

Ausreiseverbote, Überwachung

Ende Mai erschoss ein 29-jähriger französischer Syrienheimkehrer vier Menschen im jüdischen Museum in Brüssel. Es war der erste Anschlag auf europäischen Boden, den ein Islamist mit nahöstlicher Kampferfahrung durchgeführt hat. Die letzten Jahre hatte der Attentäter bei der Terrororganisation ISIS verbracht, die jetzt ein fundamentalistisches Kalifat im Norden des Irak ausgerufen hat. 2.000 weitere junge Männer aus Europa sind nach Einschätzung des EU-Antiterrorbeauftragten Gilles de Kerchove im syrischen Bürgerkrieg aktiv.

Mehrere EU-Staaten wollen jetzt verstärkt gemeinsam gegen die Ausreise islamistischer Kämpfer vorgehen und heimkehrende Legionäre besser kontrollieren. Frankreich, das besonders betroffen ist, prescht vor und plant ein Ausreiseverbot beim Verdacht islamistischer Aktivitäten. Dschihadistische Propaganda im Internet soll verhindert werden, und heimkehrende Legionäre will man überwachen. Die Innenmister aus Belgien, Deutschland, Großbritannien und mehreren anderen EU-Staaten wollen ähnliche Maßnahmen auf europäischer Ebene koordinieren. Österreich findet den Vorschlag interessant, heißt es aus dem Innenministerium in Wien.

Widersprüche zum Rechtsstaat

Das Problem dabei: Wie unterscheidet man in einem Rechtsstaat die Ausreise eines potentiellen Terroristen von einem Bürger, der einfach Familienangehörige in Syrien besucht? Eigenen Staatsbürgern die Reise in bestimmte Staaten schlicht zu verbieten, ist rechtsstaatlich schwer möglich. Immerhin will Frankreich im Verdachtsfall Pässe konfiszieren und Ausreiseverbote verhängen können.

Die Innenminister können auf jeden Fall auf die Polizeicomputer des Schengen-Informationssystems zurückgreifen, wo jetzt schon Millionen von Grenzüberschritten dokumentiert sind. Aber der Zugriff auf Passagierdaten bei Flugreisen ist zum Beispiel deutlich weniger effizient als in den USA. Die Europäer finden die Antiterrormaßnahmen der USA häufig übertrieben. Aber angesichts der islamistischen Radikalisierung in Syrien und im Irak wünschen sich viele Innenminister wirkungsvollere Gegenmaßnahmen auf europäischer Ebene.

Kritiker weisen darauf hin, dass schon nach den Terroranschlägen in Madrid und London 2004 und 2005 viel von Antiterrorprävention die Rede war. Herausgekommen ist wenig. Unter anderem, weil viele Europäer den Überwachungsstaat für eine größere Gefahr halten als Terrorismus.

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