EU-Parlament wählt Juncker

Zum ersten Mal wird ein vom Wähler mitbestimmter EU-Kommissionspräsident in sein Amt gehoben - heute stellt sich Jean-Claude Juncker, Wahlsieger der Europawahl, den Abgeordneten des EU-Parlaments. Den Widerstand der Staats- und Regierungschefs hat Juncker überwunden, nun muss er 376 Abgeordnetenstimmen hinter sich vereinen, um Kommissionspräsident zu werden.

Auto mit Juncker-Aufkleber

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Morgenjournal, 15.7.2014

Forderungen der Sozialdemokraten

Es könnte der große Tag für das Europaparlament werden - immerhin waren es die EU-Abgeordneten, die gegen den Willen der Mitgliedsstaaten das Prinzip Europäischer Spitzenkandidat beinhart durchgezogen haben. Jean-Claude Juncker hat bekanntermaßen für die Europäische Volkspartei das Rennen Ende Mai gemacht. Die Staats- und Regierungschefs haben vor zwei Wochen zähneknirschend Juncker als ihren Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten nominiert - heute müssen die Parlamentarier ihren Teil der Abmachung erfüllen.

479 der 751 EU-Abgeordneten sollten gemäß Vereinbarung heute für Jean-Claude Juncker stimmen. Doch die junge Koalition von Europäischer Volkspartei, Sozialdemokraten und Liberalen zeigt Risse. Gianni Pitella, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten, der zweitstärksten Gruppe im EU-Parlament, steckt in der unangenehmen Situation, seine Mandatare von Jean-Claude Juncker überzeugen zu müssen: "Wir wollen unser Drei-Punkte-Programm durchgesetzt wissen und dem muss sich Juncker verpflichten. Und genau das wird mein Argument sein, um meine Gruppe zu überzeugen. Wir werden sehen, ob es Abweichler gibt, aber ich bin mir sicher, dass die Europäischen Sozialdemokraten mit großer Mehrheit für Juncker stimmen werden."

Schwache Mehrheit wäre Blamage

Mehr Jobs und Investitionen, eine klare soziale Schwerpunkt-Setzung und mehr europäische Solidarität in der Migrationsfrage nennt Gianni Pitella als Forderungen, die er an Juncker als Kommissionspräsidenten stellt. Derzeit wollen weder die starke Gruppe der spanischen Sozialdemokraten noch die die britischen Labour-Abgeordneten für Juncker stimmen. Die französischen Sozialisten zieren sich ebenso. Aber auch in den Reihen der Europäischen Volkspartei wird es Abweichler geben, wie die ungarischen Fidesz-Abgeordneten. Die europäischen Liberalen waren zuletzt ebenso gespalten, allerdings sind sie mit 68 Abgeordneten der kleinste Partner in dieser Koalition. Eine schwache Mehrheit für Jean-Claude Juncker wäre schon eine Blamage für das Europa-Parlament. Wenn der siegreiche Europäische Spitzenkandidat gar scheitern sollte, hätte das EU-Parlament seine neuerrungene Stärke im europäischen Machtgefüge der Institutionen völlig verspielt.