Gazakrieg: Emotionen kochen hoch

Israelis gegen Palästinenser - ein Konflikt, der mit sehr viel Emotionen verbunden ist und von beiden Seiten wird diese Emotion auch verstärkt. In europäischen Städten wird demonstriert, häufig gegen Israel so wie am Wochenende in Wien, wo 11.000 Menschen auf die Straße gegangen sind oder jüngst am Rande eines Fußballspiels. Doch die Grenze zwischen Kritik an der Politik von Israel und Antisemitismus wird bei solchen Demonstrationen immer wieder überschritten.

Anti-Israel Demonstrationen

(c) APA/EPA/WAEL HAMZEH

Mittagsjournal, 24.7.2014

"Israel-Kritik" heuchlerisch

"Kindermörder!" oder "Frauenmörder!" - das sind Parolen, die bei Demonstrationen gegen Israel überall in Europa gerufen werden. Es gehe um die Kritik an der Politik Israels, und nicht um Antisemitismus, wird von den Veranstaltern solcher Demos betont. Der Politikwissenschaftler Stephan Grigat von der Universität Wien ist da skeptisch: "Man spricht doch auch nicht von Schweden-Kritik oder Japan-Kritik, wenn man Politik kritisiert, die irgendeine Regierung in Stockholm oder Tokio formuliert. Nur bei Israel heißt das dann plötzlich Israel-Kritik. Und damit wird in gewisser Weise schon angedeutet, dass in Wirklichkeit bei der überwiegenden Mehrheit der Leute, die so eine Kritik formulieren, in Wirklichkeit ein dumpfes Ressentiment gegenüber dem jüdischen Staat als solchen gibt."

Darüber hinaus seien die Demonstrationen maßgeblich von Anhängern islamistischer Organisationen getragen, die überhaupt keinen Hehl daraus machen würden, dass sie nicht eine Zwei-Staaten-Lösung oder einen Ausgleich oder einen Kompromiss wollen – sondern das seien Leute, die einen palästinensischen Staat nicht an der Seite von Israel, sondern anstelle von Israel wollen, meint Grigat weiter.

Beide Gruppen pauschal angegriffen

Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist schon lange kein regionaler Konflikt mehr. In den letzten 20 Jahren sei der Konflikt umgedeutet worden zu einem religiösen Konflikt, sagt der Kulturwissenschaftler und Politologe Thomas Schmidinger. Und so gebe es nicht nur Ressentiments gegen Juden, sondern auch vermehrt gegen Muslime: "Es gibt schon auch eindeutige Ressentiments gegen Muslime in dem Zusammenhang – und auch die berechtigte Kritik am Antisemitismus unter Demonstrationen gegen Israel wird leider teilweise auch benutzt um Muslime pauschalisiert anzugreifen. Das schaukelt sich schon auf beiden Seiten gegenseitig auf."

Antisemitismus auf Muslime abgeschoben?

Die Grenze überschritten hat aber der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, sagt Stephan Grigat: "Er hat nicht nur das legitime Vorgehen der Israelis gegen eine terroristische Bedrohung mit dem Vorgehen der Nazis verglichen; er hat allen Ernstes sogar behauptet, das Vorgehen der Israelis sei schlimmer als das was Hitler gemacht habe – und das ist also ein ganz klarer Fall einer antisemitischen Form von Kritik am israelischen Vorgehen."

Und damit würden auch jene Muslime vereinnahmt, die nicht radikal sind, sagt Schmidinger: "Und nicht weil wir kritischer gegenüber Antisemitismus geworden wären, sondern weil wir jetzt sagen – schaut, die sind jetzt die Antisemiten und nicht mehr wir. Dabei gibt es auch in der nicht-muslimischen Mehrheitsgesellschaft genug Antisemitismus, nur lagert man das jetzt aus auf die Muslime."

Und wie geht die Polizei mit dieser Radikalisierung um? Im Innenministerium heißt es, man sei ständig in Kontakt mit israelischen Sicherheitskräften und auch jüdische Einrichtungen würden ständig überwacht. Wenn der Konflikt im Nahen Osten schärfer wird, werden auch die Sicherheitsvorkehrungen angepasst. allerdings gibt man auch zu, dass man von den Ausschreitungen beim Testspiel in Bischofshofen sehr wohl überrascht worden.

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