Baltische Staaten beunruhigt

Die Eskalation der Gewalt in der Ostukraine sorgt für Unruhe in den baltischen Staaten, die seit Monaten ein härteres Vorgehen gegen Russland fordern. Der Westen müsse sich endlich eingestehen, dass er mit seiner Einschätzung Russlands unter Wladimir Putin falsch gelegen sei, sagt dazu die international anerkannte frühere Präsidentin Lettlands, Vaira Vike-Freiberga gegenüber Ö1.

Vaira Vike-Freiberga

(c) JAMIE RUBIN

Mittagsjournal, 29.8.2014

Schlimmer als zu Sowjetzeiten

In der Ostukraine finde heute eine neue Art von Krieg statt: De Kreml schicke seine Soldaten ins Ausland ohne zuzugeben dass er dazu den Auftrag gegeben habe. Und obwohl es immer mehr Beweise dafür gebe dass es sich nicht um lokale Aufständische sondern um reguläre russische Soldaten handle seien viele im Westen nicht bereit diese Fakten anzuerkennen klagt Vaira Vike-Freiberga, von 1999 bis 2007 Präsidentin Lettlands. Gerade die Balten hätten schon seit Jahren vor der neuen Aggressivität Russlands unter Wladimir Putin gewarnt. "Es tut mir leid das zu sagen, aber wir hatten recht - auch wenn es mir lieber wäre dass wir nicht recht gehabt hätten. Wir wurden immer beschuldigt Vorurteile zu haben dabei sind wir nur einfach näher dran, wir waren gezwungen ein halbes Jahrhundert in der Sowjetunion mit ihnen zusammenzuleben und wir kennen die Mentalität. Unsere Leute hören ihre Fernsehnachrichten und ihre Propaganda und viele sagen, dass unter Putin die offenen Lügen und die Verdrehung der Fakten schlimmer sind als zu Sowjetzeiten."

De Westen solle sich genau anhören mit welchen Propaganda-Parolen das russische Volk seit Jahren gefüttert werde: Über das große Russland, Russlands moralische Überlegenheit und so weiter und daraus seine Schlüsse ziehen: "Wir haben über die letzten 22 Jahre versucht mit ihnen Kompromisse zu finden, es gab immer wieder Versuche aber ich fürchte dass sie nicht sehr erfolgreich waren. Sanktionen klingen für mich erfolgversprechender, so wie in Südafrika. Sie haben Zähne - nicht die eines Hais aber doch die, sagen wir, eines Marders. Sie tun weh und könnten einen Einfluss haben."

"Fehler nicht wiederholen"

Seit dem Ausscheiden aus dem Amt ist Vike-Freiberga international sehr aktiv und war unter anderem stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe zur Reform der EU-Institutionen. Niemand sei so verrückt wegen der Ukraine einen Atomkrieg zu provozieren, meint sie. Aber man müsse sehen, was Putin angerichtet habe: Der Angriff auf die Ukraine habe das System internationalen Rechts in Frage gestellt, den Glauben an nukleare Abrüstung und Demilitarisierung schwer erschüttert: "Herr Putin ist sehr systematisch vorgegangen, um die Grenzen der westlichen Mächte auszutesten. Eine Lösung des Konfliktes kann es nur geben, wenn es jetzt ernsthaften Widerstand gibt. Nicht einfach die Arme in die Luft werfen und sagen: Ach wie schlimm! Sondern ernsthafte Maßnahmen um zu zeigen: Wir wollen keinen Krieg, aber wir sind mit dem Vorgehen Russlands nicht einverstanden. Eigentlich sollte das in der UNO passieren, aber leider sitzt Russland ja im Sicherheitsrat." Nach dem Krieg in Georgien 2008 habe der Westen den Fehler gemacht, Wladimir Putin einfach gewähren zu lassen. Dieser Fehler dürfe auf keinen Fall wiederholt werden.