EZB: Zinsen faktisch abgeschafft
Der Ukraine-Konflikt belastet Europas immer noch krisengeschwächte Wirtschaft. Und was tut die Europäische Zentralbank: das, was kaum jemand erwartet hat - die Zinsen praktisch abschaffen, die für den Sparer sowieso, aber vor allem die auf Kredite. Noch nie war's so billig für die Banken, sich Geld auszuborgen.
8. April 2017, 21:58
Die EZB hat die Leitzinsen gestern auf 0,05 Prozent gesenkt - das Ziel: Unternehmen sollen investieren, um die Konjunktur endlich in Schwung zu bringen und damit auch die Preise wieder anzutreiben, die sich in einer - für die Wirtschaft gefährlichen - Abwärtsspirale befinden. Doch bisher hat das nicht so funktioniert.
Morgenjournal, 5.9.2014
Wenn sich eine Bank Geld ausborgt, dann zahlt sie für 1.000 Euro nur mehr 50 Cent Zinsen statt bisher 1 Euro 50. So lässt sich die gestrige Entscheidung der EZB, der Europäischen Zentralbank, in Zahlen fassen. Da geht es also um den Leitzins. Dementsprechend günstig sollen die Banken die Kredite an die Konsumenten und Unternehmen weitergeben. Geld gibt oder gäbe es also momentan praktisch zum Nulltarif. Außerdem zahlen Banken höhere Strafzinsen, wenn sie das Geld nicht weitergeben. Und ab Oktober gibt es ein großangelegtes Ankaufprogramm, bei dem die EZB gebündelte Unternehmenskredite und Pfandbriefe kauft. Die gestrige Entscheidung ist überraschend gekommen - und sie war innerhalb des EZB-Rates durchaus umstritten.
Nowotny stimmt zu
Am Ende war man sich dann doch einig. Für Österreich war Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny bei der Sitzung - er sagte am Abend in der ZiB 2: es war keine formale Abstimmung, aber er habe sich dafür ausgesprochen.
Es sei kein Allheilmittel herausgekommen, aber ein wichtiger Beitrag: man müsse sich bewusst sein, dass es Grenzen der Geldpolitik gebe. Umgekehrt könne aber die Geldpolitik einen Beitrag leisten, aber auch die Finanzpolitik und die Strukturpolitik seien gefordert.
Und so sei es ein Paket geworden, das eben aus der Leitzins-Senkung besteht, aus den Strafzinsen für Banken und aus einem großen Ankaufprogramm, das im Oktober starten soll und bei dem noch einiges unklar ist: es gebe keine fixen Größenordnungen, man müsse erst sehen, wie die Märkte reagieren, so Nowotny.
Die Märkte spielen auch eine wichtige Rolle beim Euro-Kurs: jetzt gebe es eine vor allem eine Entlastung der europäischen Exportwirtschaft.
Die niedrigen Zinsen für Kredite sind die eine Seite, die andere Seite sind die niedrigen Zinsen für Spareinlagen, die vielen Menschen Sorgen bereiten. Nationalbankgouverneur Nowotny sagt, er verstehe das. Die Notenbank sei für die kurzfristigen Zinsen zuständig. Die langfristigen Zinsen würden am Markt gemacht. Das wirkliche Problem der Sparzinsen sei erst zu lösen, wenn sich die realen Probleme in der Volkswirtschaft deutlich verbessern, so Nowotny.