London: Nach der Erleichterung der Streit

Die Erleichterung im politischen London über die Entscheidung der Schotten, doch im Vereinigten Königreich zu bleiben, währte nur kurz. Denn nun geht es darum, das Versprechen Londons von mehr Autonomie mit Leben zu erfüllen. Wie geht das, ohne die anderen Länder des Königreichs zu benachteiligen? Darüber ist unter den politischen Parteien in London eine hitzige Debatte entstanden

Morgenjournal, 20.9.2014

Aus London,

Seit 48 Stunden beherrscht kein anderes Thema beherrscht die britischen Medien - Schottland bleibt bei Großbritannien, in der Dauerschleife werden das Votum kommentiert und die Konsequenzen debattiert. Den Schotten hat Premierminister David Cameron versprochen, dass bereits im Frühling ein Gesetz beschlossen werden soll, das ihnen mehr Autonomie einräumt. Ein Versprechen, dass er wohl ohne seine Parteifreunde abgegeben hat. Boris Johnson, Bürgermeister von London will die Debatte entschleunigen:

Wir sollten jetzt alle einmal runterkommen und dann diese verfassungsrechtlichen Versprechungen, die den Schotten gegeben wurden überdenken, damit die anderen Länder Großbritanniens nicht benachteiligt werden. Und damit auch nicht unsere Demokratie in Westminster zum völligen Schwachsinn verkommt.

Wie Boris Johnson marschiert das gesamte politische Establishment vor dem Parlament in Westminster auf, trifft dort auf eine Horde Journalisten und tut seine Wünsche kund.

Ed Miliband, Oppositionschef und Vorsitzender der Labour Party will gleich einen Schritt weiter gehen und einen Art Verfassungskonvent einberufen lassen. Dies geht in Richtung föderale Aufsplitterung des bisher weitgehend zentralistisch regierten Großbritanniens: Wir brauchen die Dezentralisierung auch in England. In Schottland und Wales funktioniert sie doch. Wir wollen auch in England ein Lokalparlament und noch viel weitergehen. Außerdem müssen wir unser Oberhaus reformieren.

Mehr Macht für England, ein besonders lauter, bisher aber wenig machtvoller Akteur sieht dieses Vorhaben als die Möglichkeit sich nun endgültig zu profilieren. Nigel Farage von der britischen Unabhängigkeitspartei UKIP hatte bisher nur den britischen EU-Austritt als Ziel. Er will das Schotten-Referendum für seine Zwecke nutzen. Auf jeden Schotten kommt mehr Steuergeld, als auf einen Engländer, in den letzten 18 Jahren wurde England in der Dezentralisierung völlig ignoriert. Die Engländer werden immer nur zur Kasse gebeten.

Die Schotten haben ihre Entscheidung getroffen - und damit eine massive Debatte über die Zukunft Großbritanniens losgetreten.