Direkte Demokratie für praxistauglichere Gesetze
Die Gesetzgebung ist selbst für gesetzgebende Abgeordnete oft schwer zu durchschauen. Die Entscheidungen über Gesetze fallen selten im Parlament, sondern meist schon im Vorfeld. Die Bürger müssen mit den Gesetzen leben, ohne mitreden zu können. Dabei gibt es im Internet-Zeitalter längst erprobte Möglichkeiten für Beteiligung. Eine Initiative von Politikern, Wissenschaftlern und Unternehmern will einer Studie folgen, die nachweist, dass die Beteiligung der Bürger die Demokratie stärkt und Gesetze besser macht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4. Oktober 2014
Praxistaugliche Gesetze
Die Allergeninformationsverordnung sorgt gerade für große Aufregung in der Gastronomie-Branche. Vom Würstelstand über das Wirtshaus bis hin zu Großküchen müssen ab Mitte Dezember alle angeben, welche Rohstoffe sie für ihre Speisen verwenden. Eine EU-Richtlinie gibt das vor, denn diese Informationen sind wichtig für Allergiker. Eine EU-Richtlinie gibt das vor, denn diese Informationen sind wichtig für Allergiker.
Die Umsetzung ist das Problem, beurteilt die frühere ÖVP-Abgeordnete Martina Pecher. Viele fürchten die drohenden Strafen, die bis zu 100.000 Euro reichen können, denn viele verfügen nicht einmal über das erforderliche Computerprogramm, sagt Pecher. Gäbe es eine Beteiligung der Gesellschaft an der Gesetzgebung, dann würde nicht eine ganze Branche quasi am falschen Fuß erwischt. Das Gesetz wäre dann besser, weil die Praxistauglichkeit schon vorab einfließen könnte, so Pecher.
Die ehemalige Nationalratsmandatarin arbeitet gemeinsam mit 180 anderen an einem Grünbuch für eine offene Politik in Österreich. Darunter Politikern aus allen Lagern, aber auch führenden Spezialisten für Netzwerkkommunikation und Open-Government. Kopf der Initiative ist der Lobbying-Experte Andreas Kovar. Er verweist auf die höhere Akzeptanz durch Beteiligung. Denn Diskussionen, an denen man selbst teilnimmt, seien einfacher zu diskutieren.
Transparenz mit Machtverlust gleichgesetzt
Das Projekt heißt #besserentscheiden.at und läuft im Netz. Ab 14. November wird auf dieser Website das Grünbuch mit den Vorschlägen der Experten freigeschaltet. Die Werkzeuge liefert Hannes Leo, der mit seiner Firma im In- und Ausland einschlägig tätig ist. Es ginge darum, dass man das Service nutzt und die Entscheidungsprozesse transparent macht. Eine Hürde sei, die laut Leo unbegründete Angst der Politik vor Machtverlust. Denn durch das Öffnen der Entscheidungsprozesse fürchte man, den Prozess nicht mehr steuern zu können. Die endgültige Entscheidung würde aber dennoch jenen Personen obliegen, denen sie jetzt schon zukommt, relativiert Leo.
Auch eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung für das grün-rot regierte deutsche Land Baden-Württemberg hat ergeben, dass Partizipation die repräsentative Demokratie stärke, nicht schwäche. Die Kommunikationsexpertin mit Schwerpunkt "Soziale Netze", Ursula Seethaler, sieht auch eine Chance, auf diesem Weg die Jungen abzuholen. Transparenz und nachvollziehbare Beteiligungsprozesse seien hier gefragt, so wie im Consumer-bereich, wo Junge schon lange aktiv an der Kreation eigener Projekte beteiligt sind.
Ganz entscheidend sei, dass der Einfluss der Beteiligung auf das Ergebnis sichtbar wird, so ein zentrales Ergebnis der Studie. Sonst verkomme Partizipation nämlich zur Show und die Idee der offenen Politik sei tot.