Abdullah-Zentrum: Sonderstatus überprüft
Die verharmlosenden Aussagen der ehemaligen ÖVP-Ministerin Claudia Bandion-Ortner zu Hinrichtungen und zu Bekleidungszwängen in Saudi-Arabien schlagen weiter Wellen und könnten jetzt zu ernsten Konsequenzen für das von den Saudis finanzierte Abdullah-Zentrum für Dialog in Wien führen. Bundeskanzler Faymann (SPÖ) lässt seinen Verfassungsdienst prüfen - auch dahingehend, ob dem Zentrum der Sonderstatus als internationale Organisation mit weitreichenden Privilegien aberkannt werden soll.
8. April 2017, 21:58
APA/HERBERT NEUBAUER
Mittagsjournal, 23.10.2014
Regierungsbeschluss 2010
Von der Regierung Faymann I auf massives Drängen das damaligen Außenministers und ÖVP-Chefs Spindelegger beschlossen, von der Regierung Faymann II wieder abgeschafft. So könnte es laufen, was den Sonderstatus des König Abdullah Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog betrifft. Das Zentrum ist per Vertrag im Gesetzesrang rechtlich schwer privilegiert. Die Mitarbeiter genießen Immunität vor dem Gesetz und Steuerfreiheit, die Räumlichkeiten sind exterritoriales Gebiet, was laut der Abgeordneten der Grünen, Alev Korun bedeutet: dass die Polizei keine Durchsuchungen durführen darf. Es sei so etwas wie eine Agentur der Vereinten Nationen.
Korun befasst sich seit Jahren - im Jahr 2010 ist der Ministerratsbeschluss zur Gründung gefallen - mit dem Zentrum und sagt, dass die Regierung damit den Bock zum Gärntner gemacht habe. Die Saudis seien keine glaubwürdigen Träger eines Dialogs, wie er propagiert wird - die Aussagen von Exministerin Bandion-Ortner, die die Geschäfte des Zentrums führt, haben viele in dieser Kritik bestätigt.
Faymann lässt prüfen
Dass der Bundeskanzler seine Juristen das alles jetzt hinterfragen lässt, finden Korun gut. Es sollte aber auch Konsequenzen haben. Man sollte aus den Verträgen aussteigen. Rechtlich sei eine einseitige Kündigung vorgesehen und damit kein Problem, sagt die Grün-Abgeordnete.
Im Bundeskanzleramt verweist man darauf, dass auch das Außenministerium sich die beiden Verträge, auf denen das Abdullah-Zentrum fußt, anschauen werde. Wobei für das Außenamt die Sachlage klar ist: Entscheiden müsse der Nationalrat, Außenminister Kurz ist der Sonderstatus kein Herzensanliegen - er ist zuletzt wieder auf Distanz zum Zentrum gegangen und hat betont, dieses dürfe kein Feigenblatt sein. Im Nationalrat sind die Verträge übrigens mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit und gegen die Kritik der Opposition beschlossen worden. Sowohl Redner der SPÖ als auch der ÖVP hatten in der Debatte damit argumentiert, wie wichtig es sei, dass sich Österreich und Wien als Amtssitz und Ort des Dialog profiliere.
Dabei dringt von den Aktivitäten des Zentrums, das sich auch gegenüber den Medien abschottet, wenig nach draußen. Faktum ist, dass der Vatikan einen Beobachterstatus in diesem Zentrum und die katholische Kirche ein Interesse daran hat, dass es besteht. Neben der sogenannten Amtssitzpolitik und Druck aus Kirchenkreisen erklären auch wirtschaftliche Interessen, warum sich der damalige ÖVP-Außenminister so für die Saudi-Initiative ins Zeug gelegt hat. Spindelegger verwies in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung aus dem Vorjahr in Sachen Abdullah-Zentrum darauf, dass Saudiarabien unser wichtigster Handelspartner im Nahen Osten sei und die Zahl der saudischen Touristen in Österreich geradezu explodiere.