Orban: Rückzieher bei Internet-Steuer

Unter dem Druck anhaltender Proteste legt Ungarn seine geplante Internet-Steuer vorerst auf Eis. Der rechtskonservative Premierminister Viktor Orban kündigte heute an, dass die Steuer vorerst nicht kommt. Er will aber nächstes Jahr einen neuen Anlauf nehmen, um den Internet-Datenverkehr in Ungarn zu besteuern.

Viktor Orban

EPA/JULIEN WARNAND

Mittagsjournal, 31.10.2014

Massive Proteste

Die Internet-Steuer war offenbar keine gute Idee von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Mit 49 Cent pro Gigabite Datenverkehr wäre sie zwar nicht besonders hoch gewesen und für Private auch noch mit rund 2,30 Euro pro Monat gedeckelt, für Firmenkunden mit rund 16,50 Euro. Dennoch gab es massive Proteste. Die Ungarn befürchteten generelle Verteuerungen ihrer Internet-Zugänge, die EU-Kommission hielt die Steuer aus grundsätzlichen wirtschaftlichen und demokratischen Überlegungen für keine gute Idee. In Ungarn weiteten sich die Proteste aufs ganze Land aus, zehntausende Menschen gingen diese Woche in mehreren Städten auf die Straßen: "Die Regierung trifft Entscheidungen, die die Bevölkerung verärgern", sagt ein Mann bei einer der Kundgebungen. Eine Frau merkt an: "Es mag naiv sein, aber ich glaube, die Proteste haben einen Effekt - wenn nötig komme ich wieder."

"Diskussion entgleist"

Nach einer Parlamentsdebatte kam dann heute das offizielle Aus für die ungarische Internetsteuer, die übrigens einmalig in Europa gewesen wäre. Die Diskussion darüber sei entgleist, sagte Ministerpräsident Orban heute, daher sei sie in dieser Form nicht einführbar. Wenn das Volk etwas nicht nur nicht mag, sondern es auch für unvernünftig hält, sollte es nicht gemacht werden, erklärte er. Endgültig ad acta gelegt sind die Pläne damit aber nicht. Mitte Jänner soll es laut Orban nationale Beratungen über die Internetsteuer geben. Begrenzungen von Internetzugängen - egal ob über Verteuerungen oder Netzsperren - sind unter autoritären Regierungen ein probates Mittel, um die Opposition klein zu halten beziehungsweise um zivile Proteste gar nicht erst aufkommen zu lassen. In der Vergangenheit hat Ungarn unter Ministerpräsident Orban sich mit der EU-Kommission bereits harte Gefechte um die Medien- und Justizfreiheit geliefert - und erst unter massivem Druck einschlägige Gesetze verändert.