Foglar: Steuerentlastung vor Nulldefizit
Knapp 900.000 Unterschriften für eine Lohnsteuersenkung hat der ÖGB gesammelt. Diese werden am Dienstag der Regierung übergeben. Diese steht in der Frage ziemlich unter Druck, hat die Kanzlerpartei SPÖ doch das ÖGB-Steuermodell eins zu eins übernommen. ÖGB-Präsident Erich Foglar rechnet damit, dass es dazu in zwei Wochen auch einen Parteitagsbeschluss geben wird, und dass die SPÖ im Zweifelsfall lieber das Nulldefizit ab 2016 aufgibt, als die Lohnsteuersenkung. Für den ÖGB-Chef ist eine Steuerentlastung, die über neue Schulden finanziert wird, jedenfalls kein Problem.
8. April 2017, 21:58
APA/HERBERT NEUBAUER
Mittagsjournal, 15.11.2014
Im Journal zu Gast: ÖGB-Präsident Erich Foglar im Gespräch mit Stefan Kappacher
Zeitpunkt des Nulldefizits überdenken
ÖGB-Präsident Erich Foglar spricht sich dafür aus, das Ziel der Regierung, ein strukturellen Nulldefizit ab 2016 anzupeilen, beizubehalten, aber den Zeitpunkt zu überdenken, angesichts der geänderten Rahmenbedingungen und der "dahindümpelden Wirtschaftslage". Die SPÖ wird seiner Meinung nach umdenken. "Denn man sieht in ganz Europa, dass dieses Maßnahmenpaket aus dem Wachstums- und Stabilitätspakt eines bewirkt: Es wachsen die Einkommen der Vermögenden und die Arbeitslosigkeit. Und das Einzige, das stabil bleibt, ist die schlechte Wirtschaftslage. Und daher ist das die falschen Zielsetzung."
Primäres Ziel: Entlastung der ArbeitnehmerInnen
Was Folgar in jedem Fall will, ist eine Lohnsteuersenkung, "weil wir sie benötigen." Er räumt aber ein mögliches Zeitproblem ein. "Ein Gutteil der Lohnsteuersenkung finanziert sich selbst, weil ja durch eine stärkere Kaufkraft, durch Reduzierung von Arbeitslosigkeit, durch Steuereinahmen, Umsatzsteuer, wieder ein Teil zurückkommt." Foglar spricht von einem Volumen von 1 Milliarde, also einem Sechstel der geplanten 6 Milliarden der Steuersenkung. Das primäres Ziel sei - "und daran kann nicht gerüttelt werden" - das sei die Entlastung der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer. Folgar hat den Eindruck, dass in der Experten-Arbeitsgruppe zur Steuerreform "sehr seriös und zügig gearbeitet wird." Die Vorschläge zur Gegenfinanzierung erwartet der ÖGB-Präsident gegen Ende des Jahres, möglicherweise aber auch schon früher.
Von Lohnerhöhung muss netto mehr übrig bleiben
Im Zusammenhang mit der Steuersenkung geht Foglar ein bisschen vom Gas. Wichtiger als eine erste spürbare Etappe schon ab 1. Jänner 2015 - das ist in sechs Wochen - sei ein nachhaltiges Gesamtpaket, das ausschließlich den Arbeitnehmern zugute kommen müsse, also "kein verwässertes Volumen, weil man es für zig andere Aufgaben und sag ich einmal Klientelbefriedigung verwendet. Ich habe nichts davon, wenn ich in einer ersten Etappe einen Teil relativ schnell bekomme, und am Ende der letzten Etappe kommt irgendwie ein Betrag raus, der den Namen Entlastung gar nicht verdient. Für uns gilt die Nachhaltigkeit. Es muss von unseren Lohnerhöhungen mehr übrig bleiben, netto, vor irgendwelchen Teiletappen, wo man sagt, das muss unbedingt zu dem Zeitpunkt stattfinden, das wäre für uns der falschen Weg."
Die ÖVP hat die Steuerreform zur Koalitionsfrage erklärt. Folgar ist der Ansicht, dass die Lohnsteuersenkung gelingen muss, sie sei "eine Riesenchance" für die Regierung, ein "großer Wurf". Er kann sich vorstellen, dass sonst die Akzeptanz der Regierung noch drastischer sinkt.
Asylwerbern Arbeitsmarktzugang erleichtern
Erich Foglar bleibt dabei, dass Asylwerbern der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden soll. Die von den Sozialpartnern in Auftrag gegebene Studie dazu soll in drei Monaten vorliegen. Foglar kann sich eine Regelung mit einer Bedarfsprüfung vorstellen, "weil wir bis Juni 2015 eine EU-Richtlinie umsetzen müssen, die dieses Thema ohnehin zwingend einer Lösung zuführen muss. Die grundsätzliche Frage ist, ist es wirklich ein Widerspruch, dass Menschen, die bei uns einen Asylantrag stellen, und oft enorm lange Wartezeiten haben, sind diese Menschen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, was gegen Menschenrechte verstößt. Und stimmt es wirklich, dass diese Menschen anderen den Arbeitsplatz wegnehmen und verdrängen, oder ist das nur eine Annahme." Mit einer Bedarfsprüfung könnte das vernünftig gehandthabt werden, sagt Foglar.
Ende des Steuerwettbewerbs in Europa
Der ÖGB-Präsdident fordert als Konsequenz aus den Enthüllungen über systematische Steuerschonung in Luxemburg im Einvernehmen mit der dortigen Finanz ein Ende des Steuerwettbewerbs in Europa. Mit einem Rücktritt des früheren luxemburgischen Premiers Juncker als Präsident der EU-Kommission wäre nichts gewonnen, das System müsse geändert werden - und da seien alle gefordert, auch Österreich, "mit den letzten Resten seines Bankgeheimnisses, weil auch Österreich, wie wir ja wissen, ist für viele ein sehr sehr vorteilhafter Steuerhafen. Österreich ist nicht Luxemburg, aber Österreich hat auch Probleme. Jedes Land hat sein Modell und ich denke, die wichtigste Konsequenz wäre, zu sagen, wir hören auf damit, wir einigen uns in der Europäischen Union, dass Steuern sich nicht eignen für einen Standort- oder internen Wettbewerb der Länder."