Russische Wirtschaft vor Rezession

Dass Russland mit der South-Stream-Pipeline eines der bedeutensten Projekte seiner Energie-Außenpolitik zumindest vorläufig aufgibt, hat nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Gründe. Die stark ölabhängige russische Wirtschaft ist dabei, in eine Rezession zu schlittern. Dramatisch verschärft wird dieser Trend durch den Verfall des Ölpreises, den Absturz des Rubels und nicht zuletzt auch wegen der Sanktionen des Westens. Da macht es wenig Sinn, Milliarden in ein Projekt wie die South-Stream zu investieren, deren Fertigstellung in Frage steht.

Mittagsjournal, 2.12.2014

Aus Moskau,

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wolle Russlands Präsident Putin die EU bestrafen für ihren Widerstand gegen sein Lieblingsprojekt South Stream. Doch in Wirklichkeit ist der Baustopp eine bittere Niederlage für Putin, zumal er mit der Pipeline nicht nur wirtschaftlichen, sondern vor allem auch politischen Einfluss in den beteiligten Ländern in Südosteuropa ausüben wollte. Doch die aktuelle wirtschaftliche Lage mache das Projekt immer teurer, sagt der Wirtschaftsexperte Dmitri Abwalow: "Das Projekt ist sehr kostspielig, und Gazprom wird es nicht bauen, wenn es keine Garantie Europas gibt, dass man damit bis zu den Abnehmern kommt. Zudem machen die sinkenden Energiepreise das Projekt weniger rentabel."

Doch nicht nur das fehlende grüne Licht aus Brüssel hat das South-Stream-Projekt gebremst. Laut Medienberichten hat der russische Staatskonzern Gazprom auch Schwierigkeiten, Teile der Pipeline zu finanzieren, weil europäische Banken wegen der Sanktionen kaum noch Kredite an Gazprom vergeben wollen. Und dies, obwohl der Energiekonzern nicht auf der Sanktionsliste steht.

Gazprom ist nur einer von vielen russischen Konzernen, die unter der aktuellen Wirtschaftskrise ächzen. Unter den meisten Unternehmern herrscht schlechte Stimmung, so Alexander Murychew vom russischen Industriellenverband: "Die Sanktionen drücken auf die Stimmung, die Unternehmer investieren weniger. Dazu kommen die Einschränkungen bei der Kreditaufnahme im Ausland und die Importverbote für bestimmte technologische Güter. Die Mehrheit der Unternehmer ist sehr besorgt."

Putin gibt sich optimistisch

Endgültig in die Rezession stürzen könnte Russland nun der niedrige Ölpreis. Er drückt auf die Einnahmen der russischen Energiekonzerne und den ohnehin fallenden Rubel. Dieser ist in den letzten Tagen im Vergleich zu Euro und Dollar so rasch abgestürzt wie seit Ende der 1990er Jahre nicht mehr. Gleichzeitig steigt die Inflation, sie dürfte bis Ende des Jahres bei zehn Prozent liegen. Teurer werden nicht nur Importwaren, sondern auch einheimische Güter. Erstmals seit 2009 müssen die russischen Arbeitnehmer Reallohnverluste hinnehmen. Unterdessen muss das Staatsbudget, das zu 50 Prozent von Rohstoffexporten abhängt, überarbeitet werden. Finanzminister Siluanow passt das Budget für 2015 an einen Ölpreis von 80 Dollar pro Barrel an, ursprünglich geplant waren 96. Präsident Putin, der in seinen bisherigen Amtsjahren vor allem durch hohe Rohstoffeinnahmen für wirtschaftliche und politische Stabilität im Land sorgte, gibt sich dennoch optimistisch. Der Ölpreis werde sich 2015 erholen, meinte er vor kurzem. Zudem habe Russland Währungsreserven von 400 Mrd. Dollar. Nach Ansicht von Experten könnten die derzeit noch prall gefüllten Reservekissen Russlands aber in ein paar Jahren geleert sein- und was dann komme, wage derzeit niemand vorauszusagen.