Kampf gegen IS kommt nicht voran

Die Terrormiliz IS, der so genannte Islamische Staat, ist heute Thema bei einem NATO-Treffen in Brüssel. Vertreter aus knapp 60 Staaten, darunter auch US-Außenminister John Kerry, diskutieren über die weitere Vorgehensweise gegen die Extremisten in Syrien und im Irak. Denn auch mehr als drei Monate nach Beginn des internationalen Kampfes gegen den IS kontrollieren die Dschihadisten ernstzunehmende Teile beider Länder. In den USA fordern immer mehr Politiker eine Ausweitung der Angriffe, also auch Bodentruppen. Doch für US-Präsident Barack Obama kommt das nicht in Frage

Morgenjournal, 3.12.2014

Aus Washington,

Besser hätte die Meldung für das Pentagon wohl nicht kommen können: Der Iran hat erstmals Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat im Irak bombardiert - das hat der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums in Washington bekanntgegeben - rechtzeitig vor dem heutigen Treffen von Vertretern aus rund 60 Staaten zum Kampf gegen den IS in Brüssel. In den USA indessen steigt die Unzufriedenheit mit dem, was die Allianz gegen den IS bis jetzt zustande gebracht hat - Rufe nach einer Ausweitung der Angriffe werden lauter

Drei Monate vergangen

"Ich werde ihnen heute erklären, wie wir die Terrorgruppe IS schwächen – und schlussendlich zerstören werden" – mit diesen Worten richtete sich US-Präsident Barack Obama Anfang September an die Öffentlichkeit. Heute, drei Monate später scheint der IS weder zerstört, noch erheblich geschwächt zu sein.

Die Luftangriffe sind bisher wenig zufriedenstellend, sagt der Außenpolitikexperte Michael Kugelman vom Woodrow Wilson Think Tank in Washington DC. Die IS-Terrormiliz kontrolliert nach wie vor weite Teile in Syrien und dem Irak, rekrutiert tausende Kämpfer, auch aus Europa und den USA. Das bedeutet doch, dass wir nicht einmal annähernd erfolgreich sind – und unsere Strategie ändern müssen.

Die Kampfkraft der Terrorgruppe sei sogar stärker geworden, sagt der Bericht einer unabhängigen UNO-Untersuchungskommission im vergangenen Monat: erklären Sie uns, was wir da eigentlich tun?, schimpft der republikanische Abgeordnete Scott Perry bei einem gestrigen Kongresshearing. Wir haben wieder Soldaten im Irak, wir geben Millionen Dollar aus – und wir erwarten von unseren Bürgern, dass sie die Strategie der Regierung unterstützen – aber dafür sollten sie auch wissen, wie die verdammt nochmal aussieht!
Militärisch gesehen haben wir in manchen Gegenden schon Fortschritte gemacht, entgegnet Sicherheitsexperte Hardin Lang vom Center for American Progress in Washington DC. Die Terrormiliz kann sich nicht mehr so frei bewegen, aus einigen Städten wurde sie zurückgedrängt. Aber politisch sind wir noch nicht da, wo wir sein wollen. wir haben noch nicht die Schutzwand aufgebaut, die sich die Regierung erhofft hat.

Es fehle vor allem an verlässlichen Partnern vor Ort, sagt der Sicherheitsexperte im Ö1-Interview. Und auch die Ausbildung irakischer Soldaten und syrischer Oppositoneller sei mühsamer als erwartet
Aber auch mit den internationalen Partnern haben die USA ihre liebe Not. Zwar beteiligen sich Großbritannien und Frankreich an den Militäraktionen, gestern soll erstmals auch die iranische Luftwaffe IS-Stellungen angegriffen haben – andere Staaten halten sich hingegen auffallend zurück. Z.B. die Türkei, sagt Hardin Lang: Die Türkei will, dass der Sturz von Baschar al Assad Teil der Strategie im Kampf gegen den IS ist. Das ist derzeit undenkbar. Und daher denke ich nicht, dass wir bald mit viel Unterstützung aus Ankara rechnen können.

Eine Sache sei jedenfalls klar, sagen die Experten in Washington: ideal laufe es nicht – und rasche, herzeigbare Erfolge, die gebe es auch nicht - aber damit habe auch niemand gerechnet.

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