Kunsthandel im Internet: Ein Wagnis

2013 hat der Online-Riese Amazon verkündet, dass er ins lukrative Kunstgeschäft einsteigen werde. Amazon Art hieß das neue Angebot, das an die 40.000 Werke vor allem nordamerikanischer Künstler anbot. Die Plattform wurde unter lautem Mediengetöse eröffnet, blieb bisher aber hinter den Erwartungen zurück. Trotzdem glauben manche Branchenkenner und Galerien, dass die Zukunft des Kunsthandels im Internet liegt.

Morgenjournal, 7.1.2015

Damien Hirst macht es, die weltweit größte Galerie Gagosian macht es und das alt ehrwürdige Auktionshaus Sotheby's macht es auch. Sie bieten Kunst im Internet, also online an. Findet im Kunsthandel aktuell eine Entwicklung statt, die im traditionellen Handel längst im vollen Gange ist? In den europäischen Städten geben immer mehr Einzelhändler auf, während Online-Shops steigende Zuwächse verzeichnen. Der Kunsthandel ist von diesem Trend bis dato verschont geblieben.

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Mehr über virtuelle Off-Spaces und Online-Galerien erfahren Sie heute Nachmittag im Kulturjournal ab 17:09 Uhr.

Artsy
Gagosian
Damien Hirst
Sotheby's
Amazon - Fine Art

Experten sind nach wie vor skeptisch

Bis vor wenigen Jahren war es fast ein Tabu, Kunst im Internet zu kaufen. Während wir unsere Kleidung, Bücher und elektronischen Geräte online bestellten, war für den Kunstkauf der Gang in die Galerie, oder auf eine Kunstmesse unumgänglich. Das ändert sich jetzt. Die Kunstkritikerin Sabine B. Vogel ist skeptisch: "Ich hätte es ja nie für möglich gehalten, dass man Kunst online verkaufen kann. Es ist auch schwierig, aber der Trend online Kunst anzubieten ist da. Amazon ist gescheitert. Wenn man sich die Qualität der Arbeiten anschaut, die Amazon Art verkauft, muss man zu diesem Schluss kommen. Die Galerien sind noch sehr vorsichtig. Sie nehmen im Moment nur so Krimskrams ins Sortiment. Zum Beispiel Teller mit dem Aufdruck eines Basquiat-Gemäldes, furchtbare Vergewaltigungen von Bildmotiven."

Vom Kunst Merchandising zur Online-Galerie

Tatsächlich floppte die virtuelle Kunstmesse VIP Art gleich zweimal. Und auch Amazons Einstieg in den Kunsthandel war nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Denn, so das gängige Argument, Kunst müsse man sehen und angreifen. Ein Kunstwerk funktioniere immer nur im Zusammenspiel mit einer speziellen Architektur und Räumlichkeit. Und genau diese räumliche Situation könne eine Fotografie, die online gestellt wird, einfach nicht vermitteln. Außerdem ergänzt Sabine B. Vogel: "Ein großer Teil des Kunstkaufes vor allem bei neuen Käufern ist 'event-driven', wie man im Englischen sagt. Das ist eine 'sexy world' mit Partys und Champagner. Es wird getanzt. Das hat man natürlich beim Onlinekauf nicht."

Kunst ohne Glamour?

Wer Kunst kauft, kauft also auch im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerkes eine spezielle Aura. Der Kunstsammler sucht die eingebildete Nähe zum Künstler und diese Nähe lässt sich bei einem mondänen Kunstspektakel wie der Art Basel nun einmal besser Herstellen als in einem profanen Online-Shop. Der Trend zum Online-Kunsthandel hält trotzdem an.

Federführend etwa die Datenbank Artsy. Sie soll es Sammlern erleichtern, Kunst zu finden. Unterstützt wird Artsy unter anderem von Google-Chef Eric Schmidt und Larry Gagosian, unbestritten einer der mächtigsten Männer des internationalen Kunsthandels. Holt der Online-Handel den Kunstbetrieb aus seinem Elfenbeinturm? Ermöglicht er einen demokratischeren Zugang zur Kunst? Das hochpreisige Geschäft in den Galerien wird es sicher weiterhin geben. Doch Online-Plattformen könnten den Kreis der Kunstinteressierten erheblich erweitern.