Paris: Charlie Hebdo ausverkauft

In Frankreich ist heute morgen die erste Nummer der satirischen Wochenzeitung Charlie Hebdo nach den grausamen Attentaten der vergangenen Woche erschienen - die Zeitung der Überlebenden, wie es heisst, mit einer Auflage von 3 Millionen Exemplaren. Die heute morgen ausgelieferten 700.000 waren bereits um 7 Uhr restlos ausverkauft.

Mittagsjournal, 14.1.2015

Aus Paris,

Am Zeitungsstand des Saint Lazare Bahnhof verkaufte der Länder nur ein Exemplar pro Kunde – trotzdem waren um 1/7 schon alle 400 verkauft. Eine glückliche Besitzerin: Ich hatte ein Exemplar reservieren lassen, sonst hätte ich keines bekommen. Ich bin ganz stolz drauf und werde Charlie jetzt ganz schnell lesen und an sie alle denken. Ich bin nicht immer mit ihnen einverstanden, manchmal auch ein wenig schockiert, aber, wie Voltaire schon sagte, jeder muss sich ausdrücken dürfen und sie machen das auf wunderbare Weise mit einem Bleistift.

Auf der Titelseite die Karikatur eines Überlebenden, LUZ, auf grünem Hintergrund unter der Überschrift « Alles ist vergeben« ein weinender Prophet mit einem kleinen Pappschild « Je suis Charlie», nur 8 anstatt 16 Seiten, im inneren auf den ersten Blick eine Nummer wie immer – das heißt auch : immer noch aktuelle Karikaturen der Ermordeten, die sich zum Beispiel mit dem Thema Dschihad befassen, auf der letzten Seite bissigsten Karikaturen wie immer, auch zu den tragischen Ereignissen, der letzte Satz des Leitartikels : «Charlie akzeptiert, dass die Glocken von Notre Dame für ihn ertönen, aber nur wenn sie von den Femen geläutet werden.«
Der Ansturm auf die Nummer war so groß, dass schon am Morgen beschlossen wurde, letztlich 5 und nicht drei Millionen Exemplare zu drucken – die normale Auflage war 60.000.

Doch nicht alle können sich für diese historische Nummer von Charlie Hebdo begeistern. Am Ausgang der großen Pariser Moschee: «Man darf über den Propheten überhaupt nichts sagen. Ich bin nicht einverstanden. Man berührt den Glauben der Leute, so ein anderer gläubiger Muslim und ein Dritter: Den Propheten anzugreifen, das ist dramatisch. Es bringt mich wirklich nicht zum Lachen, den Propheten so zu sehen. »

Auch einige Imame in Pariser Vororten haben sich bereits kritisch geäußert, doch ein Sturm der Entrüstung wie vor drei Jahren anlässlich einer Sondernummer von Charlie zum Propheten ist nicht zu erwarten. Währenddessen hat die altehrwürdige Zeitschrift der französischen Jesuiten, « Etudes » auf ihrer Webseite die vier bitterbösesten Karikaturen veröffentlicht, die Charlie je über den Papst oder Jesus gemacht hatte. Der Direktor: Wir wollten nicht sagen, dass wir mit den Karikaturen einverstanden sind, es war der Emotion heraus, auch ein Zeichen der Solidarität und zur Verteidigung der Presse und Meinungsfreiheit und um zu sagen, dass man in der katholischen Welt auch über sich selbst lachen kann. / Was in der christlichen Tradition letztlich heilig ist, ist der Respekt vor dem menschlichen Wesen. Ich finde Bilder von Folter oder Morden schockierender, als Karikaturen.

Letztlich ist es auch ein Appell des Direktors der jesuitischen Zeitschrift an alle Religionen, sich auch in Toleranz zu üben.