Hypo: Der Kriminalfall

Nach der umstrittenen Notverstaatlichung der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank im Dezember 2009 begannen die Ermittlungen im Kriminalfall Hypo-Bank. Wie konnte es zu den Milliardenlöchern kommen? Für Ermittler und Staatsanwälte wird es einer der größten Wirtschaftskriminalfälle der zweiten Republik.

Das Konzerngebäude der Hypo Alpe-Adria Bank in Klagenfurt

APA/BARBARA GINDL

Ermittlungsakten und sichergestellte Unterlagen haben mittlerweile einen Umfang im einstelligen Tetrabite-Bereich, heißt es bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Fünf Jahre später gibt es drei rechtskräftige Urteile, ein Urteil erster Instanz, einen laufender Prozess und weitere Anklagen.

Mittagsjournal, 25.2.2015

"Die vielen Wünsche Jörg Haiders"

Im August 2010 klicken für den ehemaligen Hypo-Bank Chef Wolfgang Kulterer in einer Klagenfurter Tiefgarage die Handschellen. Kulterer ist als langjähriger Hypo-Bankchef, einer der ersten, der nach der Notverstaatlichung, ins Visier der Hypo-Ermittler gerät. Bereits 2006 sind Kulterer und seine Bank wegen der sogenannten SWAP-Geschäfte in die Schlagzeilen geraten. Die riskanten Spekulationen bescherten der Hypo 320 Millionen Euro Verlust, die in der Bilanz versteckt werden. Kulterer übernimmt damals die Verantwortung.

Jörg Haider und damaliger BayernLB CEO Werner Schmidt, 2007

Jörg Haider und damaliger BayernLB CEO Werner Schmidt, 2007

EPA/GERT EGGENBERGER

Kulterer kommt mit einer Geldstrafe davon. Bei den Hypo Ermittlungen nach der Notverstaatlichung fährt die Justiz schärfere Geschütze auf. Kulterer landet in U-Haft. Nach seiner Entlassung weist er, alle Vorwürfe von Untreue bis zu Geldwäsche zurück.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt eine erste Anklage gegen Kulterer eingebracht. Es geht um den unbesicherten 2 Millionen Euro Kredit an die marode Fluglinie Styrian Spirit, die kurz darauf Pleite geht. Ein Kredit auf Wunsch des ehemaligen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider. Doch im ersten Prozess wird der Ex-Hypo Bankchef am Landesgericht Klagenfurt freigesprochen und zeigt sich erleichtert.

Doch die Freude ist kurz. Das Oberlandesgericht Graz gekippt den Freispruch. Der Fall muss neu verhandelt werden. Urteil diesmal: 2 Jahre Haft für Kulterer und Ex-Vorstandmitglied Gert Xander. Kulterer nach dem Urteil: es sei nicht unbekannt gewesen, dass Haider immer viele Wünsche geäußert habe. Aber immerhin sei Kärnten Mehrheitseigentümer gewesen und es sei immer ein harter Kampf gewesen, sich gegen Dinge zu wehren, die für die Bank nicht gut waren.

Zwei weitere Anklagen gegen Kulterer folgen. Sie betreffen die Ausgebe von Hypo Vorzugsaktien um das Eigenkapital der Bank aufzustocken. Etwa durch Verkäufe an Promikunden, denen in aller Stille Rückkaufgarantien gegeben werden. Null Risiko für die Käufer, also. Mittlerweile ist Wolfgang Kulterer in den Fällen Styrian Spirit und dem ersten Vorzugsaktien Prozess rechtskräftig zu insgesamt 5,5 Jahren Haft verurteilt. Er fühle sich nicht korrekt behandelt, sagt Kulterer nach dem OGH Urteil. Er hat im Mai 2014 seine Haft angetreten. Ebenfalls in Haft ist sein Co-Vorstand Günter Striedinger. Beide sitzen im derzeit laufenden Paradiso-Verfahren neuerlich auf der Anklagebank im Klagenfurter Landesgericht.

Szenenwechsel. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz Anfang 2012 tritt der Kärntner ÖVP-Landeschef Josef Martinz als Landesrat zurück. Grund: die drohende Anklage in der Hypo Birnbacher Affäre. Er gehe von einem Freispruch aus und werde dann zurückkehren.

Zur Erinnerung: Birnbacher erhielt 6 Millionen Euro für ein sechs Seiten Gutachten rund um den Verkauf der Hypo-Anteile des Landes Kärnten an die Bayrische Landesbank. Zwei Mal stellt die Justiz Ermittlungen zu dieser Zahlung ein. Erst nachdem die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zugezogen wird, kommt es zu einer Anklage.

Im Prozess bekennt sich Birnbacher schuldig und gesteht: Die Millionen sollten in die Parteikassen von FPÖ und ÖVP in Kärnten fließen. 65.000 Euro habe er im Kuvert an Martinz übergeben. Wenige Tage später gesteht auch Martinz vor Gericht die Parteienfinanzierung und sorgt für einen politischen Paukenschlag in Kärnten. Es sei ein Fehler gewesen, sich mit Haider einzulassen. Schuldig bekennt sich Martinz aber nicht. Er wird verurteilt. Der Schuldspruch wird im März 2014 vom Höchstgericht bestätigt. Viereinhalb Jahre unbedingte Haft für den ehemaligen ÖVP-Landespolitiker. Steuerberater Birnbacher wird für sein Geständnis mit nur einem halben Jahr unbedingter Haft belohnt.

Für Ermittler und Justiz ist der Fall Hypo noch längst nicht abgeschlossen. Beim Oberlandesgericht Graz liegen derzeit vier weitere Anklagen, die von den Beschuldigten angefochten wurden. Ob die Causen Miramare, Skiper oder Zagorec einmal mehr geht es um ungesicherte Millionen Kredite die der Hypo-Bank herbe Verluste beschert haben. Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermitteln drei Staatsanwälte derzeit in weiteren 60 Faktenkreisen. Der Fall wird die Gerichte noch Jahre beschäftigen