Roman von Peter Esterhazy
Die Mantel-und-Degen-Version
"Einen demokratisch gewählten autoritären Geist",
hat Peter Esterhazy in einem Interview einmal die Orban-Regierung seiner ungarischen Heimat genannt. Das war recht klug und auch recht höflich formuliert für einen, dem wie etlichen seiner Kollegen schon des Öfteren das Etikett des "Landesverräters" angeheftet wurde. Unter dem Titel "Die Mantel- und Degen-Version" erschien Esterhazys letzter Roman.
8. April 2017, 21:58
HANSER VERLAG
"Es gibt wohl nur wenige Autoren, die derart Sprachkunst und geschichtliche Gegebenheiten literarisch gekonnt miteinander verweben können."
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Péter Esterházy, "Die Mantel-und-Degen-Version - Einfache Geschichte Komma hundert Seiten", aus dem Ungarischen von Heike Flemming, Hanser Berlin
Mit dem Nobelpreisträger Imre Kertesz und den Kollegen György Konrad, Peter Nadas und György Dalos zählte er zu den bekanntesten ungarischen Schriftstellern der Gegenwart: Der 1950 geborene Peter Esterhazy, eigentlich ein Graf Esterhazy, der im kommunistischen Ungarn Mathematik studierte und als EDV-Spezialist arbeitete, bis er Ende der 1970er Jahre mit literarischen Werken reüssierte.
Die Geschichte, die der Autor in der "Mantel-und-Degen-Version" erzählt, hat viele Parallelen zur Geschichte Ungarns. Und doch täuscht der Autor seine Leser, legt falsche Fährten, kommentiert das Geschehen mittels Fußnoten, siedelt das Geschehen im 17. Jahrhundert an und zieht zugleich Parallelen zur Gegenwart. Péter Esterházy ist ein Autor, der sich um die Korrektheit seiner literarischen Aussagen den Teufel schert. Kunststück, er ist ja ein Schöpfer, irgendwie Gott ähnlich. Aber dass ihn das Korrekte und Anständige nicht die Bohne kümmert, hat er von seinen Landsleuten, speziell vom jetzigen Ministerpräsidenten Viktor Orbán gelernt.
Peter Esterhazy war ein Sprachkünstler und als solcher spielte er mit der Sprache. Dass dabei auch viele politische Aussagen eher versteckt in seinen Texten vorkommen, merkt man bei genauer Lektüre. Esterhazy wollte kein politischer Schriftsteller sein. Er wollte mittels Sprache entzücken, verzaubern, zum Lachen bringen - aber er kannte auch die Tränen der Geschichte.
Seine "Mantel-und-Degen-Version" zeugte zuletzt einmal mehr von seiner großen Könnerschaft. Ganz zu Anfang des Buchs behauptet Esterhyazy, dass er nun eine "einfache Geschichte" dem Leser bieten werde. Das ist völlig unkorrekt, einfach gelogen. Doch man muss sagen: Gott sei Dank ist es so, denn der Autor wusste in spielerischer Manier ganz genau, was er wollte und worum es ihm als Schriftsteller ging - und das betraf bei weitem nicht nur die Geschichte Ungarns.