Andrina Mracnikars Drama "Ma Folie"

"Lettres filmées" (gefilmte Briefe), das sind kurze, poetische Filmbotschaften, die üblicherweise mit einem Smart-Phone aufgenommen und dann verschickt werden. Diese Art der Kommunikation ist ein wesentliches Stilmittel im Film "Ma Folie" der österreichischen Regisseurin Andrina Mracnikar.

Doch in der Geschichte rund um eine schwierige Liebesbeziehung sind die "Lettres Filmées" auch ein Instrument der zunehmenden Bedrohung.

Mittagsjournal, 23.3.2015

Mein Wahnsinn!

Es ist Liebe auf den sprichwörtlichen ersten Blick. Doch die Sache hat einen Haken. Hanna (Alice Dwyer) lebt in Wien und Yann (Sabin Tambrea) in Paris. Liebe kennt aber bekanntlich keine Grenzen und so soll sich das Glück schon bald in Österreich seinen Weg bahnen.

Alles wäre gut, wäre da nicht die - höflich formuliert - etwas instabile Persönlichkeit des Mannes: Eifersucht und irrationale Vorwürfe stellen die Liebe kontinuierlich auf die Probe, bis nichts mehr davon vorhanden ist, zumindest nichts, worauf man aufbauen könnte. Ein unheilvolles Machtspiel übernimmt die Regie. Regisseurin Andrina Mracnikar: "In der Liebe geht es ja auch immer ganz stark um Projektionen und was die jeweilige Vorstellung vom Gegenüber sein kann."

Forciertes Stalking

Schließlich kommt es zum Bruch. Doch nur zum Schein räumt der junge Mann das Feld, um als unsichtbare Bedrohung umso präsenter zu sein. Er schickt kurze Videofilme, sogenannte "Lettres Filmées", die zu Instrumenten des forcierten Stalkings werden. Zudem taucht Yann plötzlich auf und verschwindet genauso rasch wieder.

Langsam aber sicher löst sich die Stabilität im Hannas Leben - ein guter Job als Psychotherapeutin, eine vernünftige Wohnung, ein geregelter Alltag - in einer umfassenden Paranoia auf. Spekulationen, Verdachtsmomente, Ungewissheiten und irrationale Ängste bestimmen plötzlich das Dasein, Zwist und Misstrauen belasten auch am Arbeitsplatz.

Fatalen Wechselseitigkeit

Die Therapeutin für Panik-Attacken wird selbst ein Fall für therapeutischen Beistand: Regisseurin Andrina Mracnikar zerfleddert diese sichere Existenz und das vermeintliche Liebesglück mit den Mitteln des Thrillers und subtilen Horrors, geht dabei aber weit über eine pure Spannungsdramaturgie hinaus.

Der Film "Ma Folie" ist dabei ein Lehrstück fataler Wechselseitigkeit: wie Ängste zu einem Rückzug führen und dieser wiederum Ängste reproduziert, als ob man Mauern um sich aufbaut und nicht bemerkt, dass man am Ende selbst darin gefangen ist. In diesem Sinne ist auch der Filmtitel stimmig: "Ma Folie", mein Wahnsinn!