Roman einer wahren Begegnung von Michael Degen
"Der traurige Prinz" Oskar Werner
Michael Degens Roman dokumentiert eine Begegnung mit Oskar Werner im Jahr 1983 - ein Jahr vor Werners Tod. Drei Jahrzehnte danach hat Degen nun den Abend literarisch verarbeitet. Ein Gespräch mit dem Autor.
8. April 2017, 21:58
Vaduz, Liechtenstein, anno 1983. Ein Gastspiel des Münchner Residenztheaters: Strindbergs "Fräulein Julie". Regie führt Ingmar Bergman, den Jean gibt Michael Degen. Auf seinem Garderobentisch findet er einen Zettel:
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Michael Degen, "Der traurige Prinz. Roman einer wahren Begegnung", Rowohlt Verlag
Zitat
Darauf stand, dass er nach der Vorstellung auf mich im Kassenraum warten würde. Ohne Unterschrift. Nach der Vorstellung wurde ich dann doch neugierig und warf einen Blick in den Kassenraum: Da stand einer - einsam, allein, im halbdunklen Kassenraum -, und dann drehte er sich um. Ich fragte noch, wo habe ich diese Augen schon gesehen, woher kenne ich diese Augen? Dann, als er anfing zu sprechen, wusste ich, wen ich vor mir hatte.
"Ein Komödiant, der seine Rolle spricht" - so hat sich Oskar Werner selbst gesehen. Hoch talentiert schon in der Jugend, genial am Höhepunkt seines Schaffens auf der Bühne und im Film, ein körperliches und seelisches Wrack in seinen letzten Jahren. In diesen letzten Jahren hat auch jene Begegnung stattgefunden, die nun in Buchform dokumentiert ist. Eine Nacht lang sitzen der deutsche Schauspieler Michael Degen und Oskar Werner im liechtensteinischen Triesen zusammen. Viel Alkohol, viele Anekdoten, viel Ingrimm und viel Verzweiflung.
Es geht um Kunst und Wirklichkeit. Anekdoten aus dem Theater- und Filmleben werden von Kindheitserlebnissen und Schilderungen der Nazizeit in Wien abgelöst, auf aggressive Ausbrüche und Schimpftiraden folgen Momente des Innehaltens, der alkoholschwangeren Rührseligkeit und Redundanz, gelegentlich auch des gegenseitigen Verständnisses.
Michael Degen wirkt sehr traurig, wenn er über Oskar Werner spricht.
Zitat
Ja. Und das hat mich auch bewogen letzten Endes, dieses Buch zu schreiben. Und diesen Eindruck noch einmal wiederzugeben. Und gleichzeitig auch an die Vergänglichkeit und an die Selbstzerstörung zu denken. Er nannte es mal auch: der zärtliche, schmerzlose Tod. Den hat er sich gewünscht, ich hoffe, er hat ihn gehabt.