Michael Degen: Oskar Werner "Der traurige Prinz"

Michael Degen hat nicht nur als Theater- und Filmschauspieler Erfolge gefeiert, sondern in den letzten Jahren auch als Schriftsteller. Sein neuestes Buch "Der traurige Prinz" ist eine Hommage an seinen legendären Schauspielkollegen Oskar Werner.

Fußend auf einer wahren Begebenheit, schreibt Degen über eine durchzechte Nacht in Oskar Werners Haus in Liechtenstein, nur ein knappes Jahr vor dem Tod des Wiener Film- und Bühnenstars. Gestern hat Michael Degen den Roman in Wien vorgestellt.

Morgenjournal, 9.3.2015

Der Schauspieler und Autor Michael Degen im Gespräch mit

Vaduz im Jahr 1983: Michael Degen gibt ein Gastspiel in Strindbergs "Fräulein Julie". Nach der Vorstellung wartet in der Kassenhalle ein hageres Männlein auf ihn, das Degen nur an seinen noch jugendlich schimmernden Augen und seiner unverwechselbaren Stimme erkennt. Dann lädt Oskar Werner Michael Degen in sein Haus in Triesen ein. Der Abend entwickelt sich zu einem Trinkgelage, und Oskar Werner breitet vor seinem anfangs zurückhaltenden, um zehn Jahre jüngeren Kollegen sein ganzes Leben aus.

"Er war zutiefst unsicher"

"Er hätte eine noch viel größere Karriere machen können, wenn er an sich geglaubt hätte", sagt Michale Degen. "Er war zutiefst unsicher und blieb es auch. Das hat man immer wieder gemerkt, wenn er sehr offen war oder sehr lässig wurde in der Unterhaltung."

Wie sich Oskar Werner als Jugendlicher wütend gegen die NS-Ideologie wehrte und sich dem Kriegsdienst entzog, das imponiert Michael Degen, der sich als Kind wegen seiner jüdischen Herkunft selbst vor den Nazis verstecken musste. Auch als Schauspieler bewundert Degen seinen älteren Kollegen aus Wien; Anfang der 1950er Jahre erlebte er ihn in Frankfurt als junger "Prinz von Homburg". Doch nun, dreißig Jahre später, begegnet er Oskar Werner als Schatten seiner selbst, beruflich längst im Abseits und schwer vom Alkohol gezeichnet.

"Mit großer Zärtlichkeit"

"Ich glaube, dass er nicht alkoholsüchtig war", sagt Michael Degen. "Er konnte monatelang aufhören, wenn es nötig war. Einmal hat er gesagt: 'Eine Mutter versuchte sich zweimal das Leben zu nehmen, und es ist ihr nicht gelungen. Ich versuche mir das Leben mit der großen Zärtlichkeit zu nehmen.' Das hat er dann auch getan".

Wie ein Kammerstück liest sich Degens Roman "Der traurige Prinz", genau beschreibt der Autor den Ablauf jener ominösen Nacht in Werners Triesener Haus. Stundenlang sprechen die beiden über das Theater, Gott und die Welt, Leben und Tod. Sie blicken wehmütig in die Vergangenheit und geraten im nächsten Augenblick im Streit aneinander. Die ausführlichen Dialoge seien freilich zum größten Teil Fiktion, sagt Michael Degen. Dennoch: Im Wesentlichen habe sich der Abend so zugetragen.

Monate später spielte Oskar Werner noch einmal den "Prinz von Homburg", auf seinem privaten Festival in Krems. Michael Degen hatte ihm davon abgeraten. Er saß dennoch im Publikum und erlebte mit, wie der Abend zum Fiasko wurde. Das Erlebnis habe ihn nicht mehr losgelassen, sagt Degen - und war mit ein Grund dafür, dass er jetzt, mehr als dreißig Jahre später, seine persönliche Begegnung mit dem "traurigen Prinzen" niedergeschrieben hat.

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