Von Michael Glawogger

69 Hotelzimmer

Vor einem Jahr ist der österreichische Filmemacher Michael Glawogger gestorben. Zu seinem kinematographischen Nachlass gesellt sich nun eine posthum erschienene literarische Arbeit: Auf seinen Reisen um die Welt hat Glawogger Buch geführt. Diese Reiseerzählungen, Tagebücher und persönlichen Erinnerungen sind nun von seiner Witwe Andrea und der Autorin Eva Menasse zu einem Episodenroman zusammengefasst worden.

"Ein schaurig- und traurig-schönes Buch. Durchscheinend, bisweilen exotisierend, wie seine Filme."

Bekannt für seine mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilme, wie "Megacities", "Workingmans Death" und "Whores Glory", machte sich Glawogger Ende 2013 mit Team auf den Weg für ein weiteres Doku-Projekt: ein Experiment ohne vorgefertigtes Konzept mit dem Arbeitstitel "Film ohne Namen". Ausgehend vom Balkan führte ihn die auf ein Jahr angelegte Filmreise nach Afrika, zuletzt nach Liberia, wo er im April 2014 im Alter von 54 Jahren an Malaria starb.

Glawoggers Erzählungen sind jeweils eine Zigarettenlänge lang. Die Episoden spielen immer wieder in Mexiko und Thailand, im ehemaligen Jugoslawien und New York, in Finnland, Australien, Kambodscha oder der Ukraine. Österreich als Ganzes kommt ebenso zu Ehren wie Wien, Drosendorf und die Heimatstadt Graz. Es geht um die jeweiligen Hotels, Absteigen, Transitzonen von Flughäfen und andere Un-Orte wie Bars oder Bordelle.

Der Großteil der Reisen changiert zwischen melancholisch und rabiat: Manchmal geht es selbstironisch surreal zu wie beim Besuch eines römischen Bordells, bei dem der noch jugendlich Klient auf drallen Brüste onaniert und dabei die Namen von Päpsten herunter ratscht. Bisweilen gelingt es Glawogger, eine ganze Welt mit einem ein einzigen Satz zu charakterisieren:

Service

Michael Glawogger, "69 Hotelzimmer", Roman, Die andere Bibliothek

Am 22. April, Glawoggers erstem Todestag, wird das Buch im Österreichischen Filmmuseum präsentiert. Das Motto des Abends, an dem auch Glawoggers letzter Film, der Fernsehkrimi "Die Frau mit einem Schuh", gezeigt werden wird, lautet: "There'll be no tears tonight".

In Russland, genauer in St Petersburg, erlebt Glawogger auch seinen ersten Zusammenbruch, der Verdacht auf Malaria wird später von einem Wiener Arzt bestätigt. Amöben, sagte der Arzt, und sie seien im Begriff, sich weiter von seiner Leber zu ernähren.