Kulturkrise in Italien
Italien plant erneut drastische Budgetkürzungen im Kulturbereich. Die Stadt Rom hat gerade ihren Budgetentwurf verabschiedet, der um fast ein Drittel weniger Ausgaben im Kulturbereich vorsieht. Wie die italienische Staatskasse leiden auch viele Kommunen unter ihrer enormen Verschuldung. Allein in der Hauptstadt umfasst der Schuldenberg mehr als 800 Millionen Euro. Die letzte Hoffnung für viele Kulturbetriebe ist mehr denn je Unterstützung von privater Seite.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 13.4.2015
Aus Rom,
2015 wird das Jahr der Bibliotheken und Archive, hatte noch vergangenen Februar der italienische Kulturminister Dario Franceschini bei seinem Besuch in der römischen Nationalbibliothek vollmundig angekündigt. Tatsächlich müssen sich jetzt die Angestellten der 39 römischen Stadtbibliotheken ernsthafte Sorgen um ihre Zukunft machen, Entlassungen und Gehaltskürzungen stehen im Raum. Die römische Kulturstadträtin Giovanna Marinelli, die dazu vorab kein Interview geben möchte, hatte bereits eingeräumt, dass auch ehrenamtliche Bürger die Aufgaben der Bibliotheksangestellten übernehmen könnten.
Nicht nur von Freiwilligen - im schuldengeplagten Italien wird offenbar darauf gezählt, dass immer mehr Aufgaben im Kulturbereich von Privaten übernommen werden. Prominentestes Beispiel ist die Renovierung des Kolosseums in Rom, in die ein bekannter Schuhhersteller 25 Millionen Euro investiert hat - freilich unter der Bedingung, das Wahrzeichen exklusiv als Werbeobjekt für seine Schuhe verwenden zu dürfen. Geld allein sei aber nicht alles, so der Präsident des Verbands der Kulturschaffenden Federculture, Roberto Grossi: Es nützt nichts, immer von unserem großen kulturellen Erbe zu sprechen. Diese Phrase ist in den vergangenen Jahren zu oft benutzt worden ist. Konkrete Ergebnisse im Sinne von Beschäftigung, Ressourcen und Reduzierung der öffentlichen Ausgaben schafft nur ein gutes Management.
Laut den Untersuchungen des Verbandes liegen 15 Prozent aller staatlichen Museen in Italien brach und zählen weder Besucher noch Einnahmen. Grassis Vorschlag: Jungunternehmer könnten diese Betriebe übernehmen, dadurch könnte die hohe Jugendarbeitslosigkeit um 5 Prozent verringert werden: Die Ausrichtung muss nach wie vor unbedingt in öffentlicher Hand bleiben, weil es sich um einen gesellschaftlichen Auftrag handelt. Aber die Leitung kann von Privaten übernommen werden, wie das Beispiel das ägyptische Museum in Turin zeigt. Das zweitwichtigste ägyptische Museum der Welt war früher ganz in staatlicher Hand, also mit Staatsangestellten, und ist jetzt eine privatrechtliche Stiftung. Oder ein altes Kloster in Catania, das Jugendlichen zur Nutzung anvertraut wurde. Oder die prähistorischen Turmbauten bei Barumini, eines von 50 Weltkulturerben der UNESCO in Italien, das durch die Leitung einer privaten Stiftung dem kleinen sardischen Dorf mehr als hunderttausend Besucher im Jahr bringt.
Wie schwierig es sein kann, allein durch private Gelder das Kulturangebot zu erweitern, zeigt aber auch das Beispiel der Fondazione Roma. Drei Jahre hat die Vorbereitung der privaten Stiftung gedauert, um jetzt, in Zusammenarbeit mit dem Rathaus, eine Ausstellung zum römischen Barock eröffnen zu können, so ihr Präsident, Emmanuele Emanuele: Für uns Privaten ist es schwierig, solche Ausstellungen zu organisieren. Denn wir bekommen keinerlei öffentliche Unterstützung. Nur durch die Einnahmen der Stiftung ist es möglich, bedeutende Projekte umzusetzen, nicht nur im Bereich der Kultur, sondern auch im Gesundheitswesen, der Forschung und der Bildung. Das alles ist sehr kompliziert.
Dazu kommt, dass durch die Krise auch das Interesse am Kulturangebot in Italien schwindet. Die Ausgaben italienischer Familien für Kultur haben in den vergangenen Jahren stetig abgenommen. Kulturvertreter wie Roberto Grassi fordern Steuererleichterungen für den Kauf von Büchern oder Theaterabonnements - bislang vergeblich.