China: NGOs weiter unter Druck

Seit dem Amtsantritt des chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor mehr als zwei Jahren klagen Menschenrechtsorganisationen in China über wachsenden Druck der Behörden. Es häufen sich Festnahmen und willkürliche Verhaftungen. Die Kommunistische Partei Chinas will jeder Entwicklung vorbeugen, die zu einer demokratischen Massenbewegung wie in Hongkong vor einem Jahr führen könnte.

Mittagsjournal, 10.6.2015

Aus Peking,

Die chinesische Regierung hat diese Woche ihr eigenes Weißbuch über die Lage der Menschenrechte veröffentlicht, das von bedeutenden Erfolgen im wirtschaftlichen Alltag der Menschen und von Fortschritten bei der Entwicklung des Rechtsstaates in China berichtet. Aber bei den Menschenrechtsorganisationen wächst die Sorge, dass das geplante neue Gesetz über Nichtregierungsorganisationen der Druck auf Gruppen verschärfen könnte, die auch aus dem Ausland unterstützt werden.

Ausländische Nichtregierungsorganisationen bilden in China Anwälte und Richter aus, sie sind als Berater in der Wirtschaft und an Universitäten engagiert und sie unterstützen ihrerseits chinesische NGOs. Greenpeace betreibt in Peking ein großes Büro und hilft mit Expertise beim Kampf gegen die Luftverschmutzung. Die Stiftungen der deutschen Parteien vergeben Stipendien und führen den Dialog mit chinesischen Forschungsinstituten. Insgesamt 6000 ausländische NGOs zählt die chinesische Regierung. Sie alle sollen fester als bisher an die Kandare genommen werden, wenn ein neues Gesetz über ausländische NGOs tatsächlich nach dem bisher vorliegenden Entwurf verabschiedet wird.

Die Europäische Union warnt in einer Stellungnahme in Richtung der Führung in Peking vor einem massiven Vorstoß um kritische Stimmen mundtot zu machen. Menschenrechtsorganisation klagen in China seit zwei Jahren über ständig wachsenden Druck der Behörden. Willkürliche Verhaftungen und hohe Gefängnisstrafen haben zugenommen. Präsident Xi Jinping, der starke Mann Chinas, will der von der Partei unabhängigen Zivilgesellschaft jeden Spielraum nehmen, analysiert die Menschenrechtsexperten des Londoner Kings College Eva Pils. Das neue NGO-Gesetz würde alle in China tätigen ausländischen Organisationen automatisch unter Verdacht stellen, so Pils.

Nach dem jetzt vorliegenden Entwurf des NGO-Gesetzes werden ausländische Nichtregierungsorganisationen nur nach Genehmigung durch die Regierung in China aktiv sein dürfen. Sie brauchen einen offiziellen Sponsor und würden stärker überwacht als bisher.
Der wachsende Druck von oben, der sich in diesem Gesetzesentwurf widerspiegelt, steht im Widerspruch zur steigenden Aktivität von staatsunabhängigen Bürgerorganisationen in China. Die Zahl der Streiks nimmt zu in China und Umweltprobleme haben Demonstrationen und Proteste gegen die lokalen Behörden ausgelöst.

Eva Pils verweist auf die wachsende Zahl von Anwälte, die sich mit Menschenrechtsfällen beschäftigen: vor ein paar Jahren gab es höchstens ein paar Dutzend solcher Anwälte in ganz China. Inzwischen sind bis zu 300 Verteidiger bereit menschenrechtsfälle vor Gericht zu übernehmen, obwohl der Behördendruck zunimmt. Chinaexpertin Eva Pils: Manche westliche Nichtregierungsorganisationen fürchten, dass ihre gesamte Tätigkeit in China bei einer weiteren Verschärfung des politischen Klimas in Frage gestellt werden könnte. Expertin Eva Pils glaubt, dass Bürgerorganisationen in China nicht auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen sind.

Der Gesetzesentwurf über ausländische Nichtregierungsorganisationen in China ist in den letzten Monaten mehrmals überarbeitet worden. Er soll dieses Jahr vom Volkskongress in Peking beschlossen werden.