Atomverhandlungen: Spannung im Iran

Spannender könnte die Endphase der jahrelangen Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den sechs Großmächten in Wien nicht verlaufen. Immer noch wird darum gerungen, in welchem Ausmaß der Iran künftig Inspektionen auch seiner Militäranlagen zulässt, und wie rasch die gegen den Iran verhängten Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden. Die auf heute festgesetzte Frist für eine Einigung wird wohl verlängert werden müssen. Entsprechend groß ist die Anspannung im Iran.

Scheinwerfer vor dem Palais Coburg

Verhandlungsort der Atomgespräche mit dem Iran ist das Palais Coburg in Wien.

APA/EPA/GEORG HOCHMUTH

Morgenjournal, 30.6.2015

Wer in Wien gerade mit wem redet, das ist in Teheran Tagesthema. Nicht die Details der Atomverhandlungen werden besprochen, sondern die Stimmung und die Körpersprache zwischen dem iranischen Außenminister Sarif und seinem amerikanischen Amtskollegen Kerry:

"Wir wollen, dass der Hass gegen den Iran aufhört. Was immer der Grund für diese Sanktionen war, - sie haben die Situation in unserem Land nur verschlechtert." Die Computerspezialistin Leyla ist nach 15 Jahren in Kanada wieder in den Iran zurückgekehrt. Weil sie, wie sie sagt, auf den Straßen wieder etwas mehr Freiheit spürt. Und weil sie wie die Mehrheit der Iraner hofft, dass die Wirtschaftssanktionen bald aufgehoben werden: Ja, ich glaube, dass unser Leben besser wird als es jetzt ist, kann man vor allem von jungen Leuten immer wieder hören. Wir werden leichter in andere Länder reisen können, und der Iran wird offener werden.

Tatsächlich haben viele iranische Familien zu kämpfen, um sich die Miete leisten zu können. Krankheiten werden immer mehr zur materiellen Belastung. Viele Beziehungen zerbrechen an den zermürbenden Problemen.

Und doch glauben nicht alle Iraner, dass es bald aufwärts gehen wird. Vor einer Moschee im Norden Teherans, unter den vielen Gläubigen, die dort in Gruppen auf das abendliche Fastenbrechen warten, hören wir überwiegend skeptische Töne: Es wird keinen großen Unterschied ausmachen. Klar, wenn die Sanktionen aufgehoben werden, dann haben wir ein besseres Leben. Aber trotzdem bin ich nicht optimistisch. Denn selbst wenn das Problem mit der Atomenergie gelöst ist, werden sie einen anderen Grund finden, um Druck auf uns zu machen und uns zu bestrafen.

In einem sind sich Optimisten und Pessimisten allerdings einig: bevor man nicht weiß, wie die Wiener Atomverhandlungen ausgehen, will niemand auch nur das kleinste Geschäft abschließen.

Thema Nummer eins ist wie es mit der Wirtschaft weiter gehen wird. Da laufen auch viele Gerüchte herum. Die Einen sagen: Wenn wir die Verhandlungen erfolgreich abschließen, werden alle Autos billiger. Andere sagen: Nein, nein, alles wird teurer werden. Es herrscht eine große Verwirrung. Jeder wartet.

Abwarten heißt es im Iran schon seit langem. Nach Meinungsumfragen ist die überwältigende Mehrheit der Iraner für ein friedliches Atomprogramm aber gegen Atomwaffen, und vor allem für gute Beziehungen zum Westen. Angeblich waren die Chancen dafür noch nie so gut wie jetzt.