Branford Marsalis im Porgy & Bess

Er hat seine Karriere bei Art Blakeys legendären Jazz Messengers begonnen, jahrelang in der Band des britischen Popstars Sting gespielt und tritt mit Symphonieorchestern auf: Der vielseitige Saxofonist und Komponist Branford Marsalis ist seit gut dreißig Jahren ein Fixstern in der internationalen Jazzszene. Zum Saisonfinale des Wiener Clubs Porgy & Bess ist Marsalis nun an zwei Abenden mit seinem Quartett zu erleben.

Branford Marsalis

Branford Marsalis

APA/EPA/JOSE ALBALADEJO

Morgenjournal, 14.7.2015

Das Publikum weiß nicht recht, was da passiert, als die vier Herren auf der Bühne mitten in der lockeren Improvisation plötzlich auflachen: Er habe sich einen musikalischen Insiderwitz erlaubt, erklärt Saxofonist Branford Marsalis am Ende der Nummer: Er habe eine kurze Melodie angespielt, die in der Jazz- und Popmusik so oft verwendet wurde, dass sie einfach nur "The Lick" genannt wird und zum YouTube-Hit geworden ist.

Vielseitige Musikerpersönlichkeit

Dieser Scherz am Rande seines gestrigen Auftritts im Wiener Porgy & Bess passt zu Branford Marsalis: So musikalisch vielseitig wie "The Lick" war und ist auch diese Musikerpersönlichkeit. Während sein Bruder, der Trompeter Wynton Marsalis, den Ruf des konservativen Puristen hat, streckte Branford seine Fühler immer schon in jazzferne Genres aus.

Mit 25 heuerte er beim Popsänger Sting an, in dessen Band er bis zum Ende der 1990er Jahre blieb. Pop sei Partymusik, urteilt Marsalis heute. In Jazzkonzerten jedoch, wo die Leute ruhig dasitzen und einen anstarren, gehe es darum, sie durch Variantenreichtum und Melodien bei der Stange zu halten.

Diese Regel befolgt Marsalis auch mit seinem Quartett: Ganz klassisch werden da musikalische Themen eingeführt, ehe man über diese improvisiert. So weit, so traditionell - allerdings geht es dabei jedes Mal ordentlich zur Sache, und Pianist Joey Calderazzo springt da schon einmal vom Klavierhocker auf, wenn er von seinen Kollegen am Schlagzeug und am Bass angetrieben wird.

"I just wanna become a really good musician"

Es ist eine perfekt eingespielte Band, die da angeleitet vom Tenor- und Sopransaxofonisten unter kontrollierten Bedingungen den musikalischen Rahmen sprengt. Er liebe Herausforderungen, sagt Marsalis. Ihm gehe es nicht darum, einen neuen Stil zu kreieren, sondern einfach nur ein richtig guter Musiker zu sein.

Branford Marsalis, der die Band in Jay Lenos "Tonight Show" geleitet hat, der Musicals geschrieben, Platten produziert hat und seit einigen Jahren auch Solokonzerte mit Symphonieorchestern aufnimmt: Er kennt sich aus mit musikalischer Dramaturgie. Das Publikum beschenkte er gestern Abend mit drei Zugaben, und heute wird er es im Porgy & Bess ein weiteres Mal beehren.

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