B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin
Blixa Bargeld und Nick Cave, David Bowie, Nena oder Die Ärzte - alle waren sie in den 1980er Jahren in West-Berlin, und alle tauchen sie früher oder später im Dokumentarfilm "B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin" auf. Die Filmemacher Jörg Hoppe, Klaus Maeck und Heiko Lange haben hier teils noch unveröffentlichtes Archivmaterial zu einer Collage verarbeitet.
8. April 2017, 21:58

Mark Reeder in Action
INTERZONE PICTURES
Kulturjournal, 16.7.2015
Lena Obermaier
Durch den Film führt ein Brite, Mark Reeder, der auch für das meiste Filmmaterial verantwortlich zeichnet. 1979 ist er von Manchester - der Musikszene rund um Bands wie Joy Division - nach Berlin gezogen; hat dort bis 1989 gelebt, und seinen Alltag zwischen Hausbesetzerszene und Nachtleben gefilmt. "B-Movie" war heuer bereits im Rahmen des Crossing Europe Festivals in Linz zu sehen.
Laut, dreckig und kaputt - so war West-Berlin in den 80er Jahren. "B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin" zieht die Zuseher mitten hinein ins Berliner Nachtleben. Punk-Rock, die neue deutsche Welle und Techno finden ihre Anfänge in der umtriebigen, chaotischen Clubkultur, die in diesen Jahren zum kreativen Schmelztiegel wird.
Erzählt wird die wilde Zeit dabei aus der Perspektive des britischen Managers, Musikers und Militäruniform-Fetischisten Mark Reeder. Aus dem trostlosen Manchester flüchtend findet er sich mitten in der Alternativszene in West-Berlin wieder und taucht in die deutsche Jugendkultur der 80er ein.
Einem zweiten Fetisch von Mark Reeder verdanken die Zuschauer das archivarische Filmmaterial. Mit einer Super 8 Kamera hielt er seine Berliner Zeit fest, filmte alles und überall. Aus Unmengen an originalem Filmmaterial kreierten die Regisseure Jörg Hoppe, Klaus Maeck und Heiko Lange dann diesen Dokumentarfilm. Wo Übergänge fehlen setzt Mark Reeder die Bilder in einen größeren Kontext, kennt scheinbar alle bekannten Namen der Zeit und erzählt von den politischen Rahmenbedingungen aus der Perspektive der Hausbesetzerszene.
Kreative Insel West-Berlin
Die wichtigste Rolle spielt dabei - nicht nur für den jungen Mark Reeder - die Musik. Das abgeschottete West-Berlin wird zu einer kreativen Insel, deren Clubszene Größen, wie Nick Cave und Iggy Pop, neu gegründete Bands, wie Westbam oder die Einstürzende Neubauten hervorbringt. Viele aus heutiger Sicht große Namen, in einer damals überschaubaren Szene.
Es ist eine Zeit der musikalischen Experimente. Alles wird zum Instrument und jeder zum Musiker. Auch in den Osten schafft es Mark Reeder und organisiert die ersten Konzerte von Bands, wie den Toten Hosen, auf der anderen Seite der Mauer. Eine zentrale Rolle spielt die Mauer im Film ständig, ob sie nun als Projektionsfläche dient oder zur Bühne wird. Dann etwa, wenn David Hasselhoff kurz vor dem Mauerfall "We are looking for freedom" anstimmt.
Reeder ist dann auch noch bei der ersten Love Parade dabei - wenig später fällt die Mauer und West-Berlin ist Geschichte. Dass den Regisseuren von "B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin" teilweise vorgeworfen wird, dass sie womöglich zu Mark Reeders Biografie an der einen oder anderen Stelle etwas dazu gedichtet haben, muss niemanden stören. Denn der Film ist ein vielschichtiges wie faszinierendes Porträt einer Stadt des Exzesses und der musikalischen Experimente, das die Zuschauer einlädt in die Atmosphäre einzutauchen und zumindest im Kopf auch mitzutanzen.