Flüchtlinge: EU-Zwischenlösung
Eine gerechte Flüchtlings-Umverteilung in Europa ist vorerst gescheitert. Die EU-Innenminister haben gestern in Brüssel auch im zweiten Anlauf ihr selbstgesteckte Ziel, 60.000 Flüchtlinge fair auf die gesamte Europäische Union aufzuteilen, knapp verfehlt.
8. April 2017, 21:58
APA/EPA/ARIE KIEVIT
Morgenjournal, 21.7.2015
Ich bin enttäuscht, dass wir es heute nicht geschafft haben, sagt der für Flüchtlings-politik zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos. Die Zutaten: 60.000 Menschen auf der Flucht und auch nach monatelange Verhandlungen von 28 EU Staaten keine Einigung darüber, wer freiwillig wie viele aufnehmen kann.
Luxemburgs Außen und Integrationsminister Jean Asselborn fasst am Abend für die Luxemburgische Ratspräsidentschaft das Ergebnis des Sonder-Innenminister-Rates zusammen: 22.504 anerkannte Flüchtlinge werden direkt aus den Krisengebieten in der Europäische Union angesiedelt, 32.256 aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland auf andere EU-Staaten verteilt, knapp 8.000 weniger als geplant
Asselborn spricht von einem respektablen Ergebnis, fügt aber hinzu: Zahlen können enttäuschend sein oder sogar ein bisschen peinlich aber nicht für die EU sondern für einzelne Mitgliedsstaaten.
Deutschland und Frankreich übernehmen den größten Anteil der Flüchtlinge. Emiliy Harber Staatssekretärin im deutschen Innenministerium sagt, drei Viertel aller Flüchtlinge gehen in fünf europäischen Staaten. Die anderen EU-Länder würden glauben, sie könnten sich als Zaungast verhalten.
Sie könnte Lettland gemeint haben. Der lettische Innenminister Rihards Kozlovskis: Ich muss ja meinen Landsleuten erst erklären, warum wir auch solidarisch sein müssen. Für uns in Lettland ist das eine völlig neue Situation.
Das kleine Land nimmt schließlich 50 Flüchtlinge aus Krisengebieten auf und 200 aus Italien und Griechenland. Selbst manche Länder wie Irland die gar nicht mitmachen müssten beteiligen sich letztlich an der Solidaritäts-Aktion für die beiden Mittelmeerländer. Allerdings: Bulgarien, Spanien und Portugal bleiben unter den Erwartungen und zwei Länder, Ungarn und Österreich beteiligen sich überhaupt nicht. Innenministerin Johanna Mikl Leitner, ÖVP, sagt, derzeit würden keine Flüchtlinge aus relocation aufnehmen.
Italien und Griechenland seien nicht stärker belastet als Österreich und würden ankommende Flüchtlinge nicht ordnungsgemäß registrieren begründet Mikl-Leitner ihr NEIN. Direkt aus Krisengebieten nimmt Österreich insgesamt 1.900 Menschen auf, 1.500 aus einem laufenden Programm werden dabei angerechnet. Damit sollten auch die Geschäfte der Schlepper durchkreuzt werden.
Emily Harber Staatssekretärin im deutschen Innenministerium will trotz allem nicht von einem Scheitern sprechen. Es gebe erstmals die Anerkennung, dass alle Staaten sich beteiligen müssten.
Die EU-Familie unternimmt einen dritten Solidaritäts-Anlauf, im Herbst soll wieder verhandelt werden.