Ilija Trojanow im Gespräch
"Wir leben in Zeiten, in denen ein Großteil der Bevölkerung nicht erkennt, dass Freiheit ein fluider Prozess ist." Für seinen neuen Roman "Macht und Widerstand" durchforstete Ilija Trojanow Archive und befragte Zeitzeugen. Ein Gespräch über die Last des Vertrauens und über das Erzählen vom Widerstand.
27. April 2017, 15:40
THOMAS DORN
Kulturjournal, 21.8.2015
Ilija Trojanows neuer Roman ist ein großangelegtes Gesellschaftspanorama Bulgariens nach dem Zusammenbruch des Sozialismus. Viele Jahre lang hat Trojanow für dieses Projekt recherchiert, Zeitzeugen befragt, Archive durchforstet und auch die Schauplätze der Verbrechen besucht - etwa das Arbeitslager Belene, wo zwischen 1949 und 1989 Tausende Regimekritiker ermordet worden sind.
"Freiheit und Gerechtigkeit ...
... hängen nicht von den institutionellen Rahmenbedingungen ab, sondern davon, wie sehr Menschen widerständig sind. Deswegen ist es so wichtig, vom Widerstand zu erzählten. Wir leben in Zeiten, in denen ein Großteil der Bevölkerung apolitisch, apathisch, desinteressiert ist und sich fast alles gefallen lässt - und nicht erkennt, dass Freiheit ein fluider Prozess ist. Genauso wie man Freiheit hart und schwer erkämpfen muss, kann man sie leicht und über Nacht wieder verlieren."
In Bulgarien wurde der vielfach ausgezeichnete "Weltensammler"-Autor vor 50 Jahren geboren. Er war sechs Jahre alt, als seine Eltern 1971 mit ihm flohen. Er wuchs in Kenia auf, studierte in München, lebte in Indien, in Kalifornien und Kapstadt. Heute lebt Ilija Trojanow in Wien.
Service
Ilija Trojanow, "Macht und Widerstand", S. Fischer