Ars Electronica: Post City

Die Ars Electronica in Linz ist schon seit Jahren nicht mehr nur ein Medienkunstfestival für ein Spezialpublikum, sondern ein populärer Riesenevent. Morgen beginnt die „Ars electronica“ 2015. Das Festivalthema lautet „Post City. Städte als Lebensräume des 21. Jahrhunderts“. Mit „Post City“ ist aber auch eine „Post City“ gemeint, eine riesige neue Festival-Location in einem ehemaligen Postverteilerzentrum. Und am Samstag wird sich die Linzer Klangwolke über die Stadt ausbreiten.

Wie jedes Jahr steht am Linzer Hauptplatz das Mobile Ö1-Atelier. Und am Freitag werden im Rahmen der Ars Electronica die Gewinner des ORF-Teletext Art Prize bekannt gegeben.

Mittagsjournal, 2.9.2015

In 50 Jahren werden nach heutigen Prognosen 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Für wie viele dieser Menschen wird es noch Arbeit geben, wenn Roboter allgegenwärtig sind? Werden alle Stadtbewohner bis in die letzten Winkel ihrer Privatsphäre an das große intelligente Netzwerk angeschlossen sein? Solchen Fragen widmet sich die Ars Electronica 2015. Es gehe um Fragen der Mobilität der Zukunft, ob im Straßenverkehr, in der Luft, durch Drohnen, bis hin zur Mobilität im Internet, erklärt Christine Schöpf vom künstlerischen Direktorium. Das beinhalte auch Fragen nach der offenen Gesellschaft, totaler Überwachung und Cyberkriminalität. "Wovor soll, kann und will die Stadt uns schützen?", fragt Schöpf.

In Symposien treten zum Beispiel Stadtplaner aus Indien oder China auf, die die Megalomanie asiatischen Städtebaus kritisch diskutieren. Und natürlich werden sich Ausstellungen und Installationen dem Thema widmen. In der neuen Festival-Location Post City. Das sind die riesigen Hallen des ehemaligen Postverteilerzentrums nahe dem Linzer Hauptbahnhof. "Es ist so, dass man sozusagen aus der realen Stadt rausgeht, wie Alice im Wonderland, dann durch diese Schleusen rein in diese riesigen Hallen, wo Züge stehen, wo Lkws herumfahren können, und die uns erlauben, wirklich eine Modellstadt zu inszenieren", wie Festivalleiter Gerfried Stocker ausführt.

Zur Eröffnung der Post City werden zum Beispiel Peter Androsch und Anatol Bogendorfer von der hörstadt Linz, die eben noch das Ö1 Projekt "Land und Laute" betreut haben, über 70 spiralförmige Rutschen bespielen, über die noch bis vor einem Jahr Pakete sortiert wurden. "Diaspora machine" heißt die Performance aus Stimmen, Klängen und Licht; sie ist dem Flüchtlingsthema gewidmet, wie einige andere Veranstaltungen auch.

Die voest-alpine-Klangwolke am Samstag abend dockt an Adalbert Stifters Erzählung "Hochwald" an. Regisseur Hubert Lepka fragt in seiner Großinszenierung im Donaupark auch nach der Zukunft der Wälder.

Schon gestern fuhr ein Objekt durch die Stadt, das bei der Bewerbung der Ars Electronica stark im Vordergrund steht: der Prototyp eines Mercedes der Zukunft, der auf Wunsch auch führerlos seinen Weg findet. Das Ars Electronica Future Lab war an der Entwicklung des Autos beteiligt. Hier setzt auch die immer wieder laut werdende Kritik am Kurs des Festivals an: Die Ars Electronica von heute sei vor allem eine Mischung aus Jahrmarkt und Produktmesse. Gerfried Stocker kennt diese Einwände und erwidert: "Ich will als Ars Electronica immer in diesen Dingen mitten drinnen sein. Wir arbeiten hart daran, dass wir mit diesen Firmen auch in ihren Forschungsprojekten dabei sein können, weil das, glaube ich, die einzige Möglichkeit ist, durch die Sensibilität und die wesentlich stärkere Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen, die wir aus der Kunst kennen und leben, auch etwas beizutragen“.

Bis 7. September kann man in mehreren 100 Einzelveranstaltungen Zeuge des Ergebnisses dieser Bemühungen werden.

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