Griechenland: Flüchtlinge im Regen
Der Beginn des schlechten Herbstwetters wird für die Flüchtlinge in Griechenland zu einem immer größeren Problem. Einerseits müssen viele von ihnen auf dem Weg nach Norden im Freien schlafen und haben keinen Schutz vor dem Regen, andererseits wird die Überfahrt über die Ägäis durch die Herbststürme immer gefährlicher.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.9.2015
Aus Athen,
Keine Versorgung in Athen
Der Viktoria Platz im Zentrum von Athen ist einer der wichtigsten Sammelpunkt für Flüchtlinge, hier kommen vor allem Afghanen her, die sich die organisierte Weiterreise auf der Balkan-Route nicht leisten können, anderes als viele Syrer, die sich direkt nach der Ankunft von den Inseln in Piräus auf den Weg Richtung Norden machen. Versorgung durch den Staat gibt es keine, die Flüchtlinge schlafen am Boden, Schutz vor dem Wetter bieten bestenfalls die Hauseingänge in der Umgebung erklärt Mobin aus Afghanistan. Sie hätten den Staat um Hilfe gebeten aber nichts bekommen.
Am Montag musste der U-Bahn-Verkehr an der Station am Viktoria-Platz vorübergehend gesperrt werden. Den ganzen Tag über gingen starke Gewitter nieder, fast alle Flüchtlinge versuchten in der Station unterzukommen die völlig überfüllt war, die Menschen drohten auf die Gleise zu stürzen. Kurzfristig hat die Stadtregierung deshalb ein Sportstadium für die Flüchtlinge geöffnet - allerdings nur bis Freitag, wenn das Wetter wieder besserwerden soll. Immer wieder gehen Griechinnen und Griechen durch die Menge und verteilen Essen, Decken, Windeln, etwa die pensionierte Psychologin Sofia.
Griechenland kann diesen Ansturm auf keinen Fall alleine bewältigen, warnt Stella Nanou. Sprecherin des UNHCR in Griechenland. Allein seit Anfang September sind 113.000 Flüchtlinge in Griechenland angekommen, seit Jahresbeginn schon mehr als 350.000.
Und anders als in früheren Jahren wird die Zahl mit dem Beginn des schlechte Herbstwetters nicht kleiner sondern noch größer: Die Entfernung an sich ist nicht sehr groß, trotzdem ist die Überfahrt sehr gefährlich, vor allem für Leute die nicht schwimmen können und die in überfüllten Booten unterwegs sind. In der jüngsten Vergangenheiten hatten wir in der Ägäis einige tragische Zwischenfälle und das könnte sich durch das schlechte Wetter vervielfachen.
Die Zahlen sind bedrückend: Allein auf der Insel Lesbos sind seit Jahresbeginn mehr als 190.000 Menschen angekommen. Die lokalen Behörden waren und sind völlig überfordert. Das UNHCR setzt sich daher für eine dringende Aufstockung des Personals auf, dass die Ankommenden registriert, damit sie schnell von den Inseln weggebracht werden können, damit dort keine sozialen Spannungen entstehen. 2013 wurde das Asylwesen in Griechenland zwar reformiert und entspricht seither wenigstens am Papier europäischen Anforderungen, im ganzen Land gibt es aber gerade 1.000 Plätze für Asylwerber, das reiche nicht einmal für alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Und staatlichen Sozialleistungen gebe es für die Flüchtlinge die gleichen wie für viele bedürftige Griechen: Nämlich gar keine. Griechenland bleibe daher für fast alle nur eine Durchgangsstation: Das ist keine Migrationskrise, es ist eine Flüchtlingskrise. Sie rennen um ihr Leben, nicht um ein besseres Leben zu erreichen. Sie sind verzweifelt und werden auf jeden Fall einen Weg hierher finden, trotz aller Hindernisse. Die Frage ist also nicht ob sie kommen sondern wie gute Europa es schafft diesen Strom von Menschen zu organisieren, die auf der Suche nach Sicherheit sind.
Der bei weiten größte Teil der Flüchtlinge in Griechenland stammt aus Syrien, 71 Prozent, 18 Prozent aus Afghanistan, 4 Prozent aus dem Irak. Jeder Fünfte der Flüchtlinge die ankommen ist minderjährig. Ein Ende des Flüchtlingsstroms könne es nur geben wenn die Krisen in den Heimatländern beendet würden oder wenn wenigstens die Versorgung der Flüchtlinge in den Nachbarländern gewährleistet wäre, sagt Stella Nanou vom UNHCR. Griechenland könne das Problem auf keinen Fall alleine lösen, dafür seien Solidarität und eine Einigung auf europäischer Eben notwendig.