Riesen-Venus im Naturhistorischen Museum
Das Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien präsentiert derzeit die "Balloon Venus" des US-amerikanischen Künstlers Jeff Koons. Die drei Meter hohe Skulptur, die der "Venus von Willendorf" nachempfunden ist, wird bis März 2016 in der Kuppelhalle des Museums gezeigt.
8. April 2017, 21:58

Jeff Koons,
"Balloon Venus (Orange)",
2008-2012
APA/HERBERT NEUBAUER
Morgenjournal, 30.9.2015
Diskurs über die Ewigkeit
Die "Balloon Venus (Orange)" von Jeff Koons ist drei Meter groß und glänzt in Orange. Der steinzeitliche Künstler der "Venus von Willendorf" hatte sich mit bescheidenen elf Zentimetern begnügt, dafür aber die üppigen Formen erfunden. Das Geheimnis der Größe der Skulptur von Jeff Koons: Sie beinhaltet viel Luft. Jeff Koons wollte nicht weniger, als mit diesem aufblasbaren Kunstwerk zum Diskurs über die Ewigkeit beitragen. Was man der schrillen Dame nicht ansieht, Jeff Koons geht es um den Dialog mit Metaphysik, Psychologie und Philosophie.
Einladung zur Reflexion
Ein "Balloon Dog", ähnlich in der Machart wie die Venus in rostfreiem Stahl mit spiegelnder Oberfläche, wurde 2013 bei Christies für 58,4 Millionen US-Dollar verkauft, und war damit eines der teuersten Kunstwerke eines noch lebenden Künstlers. So populär die überdimensionalen Hasen und Hunde in schrillen Farben auch sein mögen, sie haben Jeff Koons den Vorwurf eingetragen, banal zu sein, manche sprachen von Neo-Kitsch. Mit dieser Kritik konfrontiert sagt Jeff Koons, er produziere alles andere als Hochglanzästhetik, er beteilige sich mit seinen spiegelnden Oberflächen am philosophischen Diskurs. Immerhin sei "Reflexion" eines der meistgebrauchten Wörter in der Philosophie.
Meister der Selbstvermarktung?
Jeff Koons, der früher auch als Broker in der Finanzwelt gearbeitet hat und sein Studio als Kunstfabrik mit bis zu 120 Mitarbeitern betreibt, lagert die Produktion seiner Skulpturen gerne an technische Firmen aus. Auf die Frage, ob er sich als Meister der Selbstvermarktung sehe, als Geschäftsmann im Bereich der zeitgenössischen Kunst, antwortet er: Nein, er sein ein Künstler, er interessiere sich nicht für Geld, er wolle der Gesellschaft dienen.
International berühmt wurde Jeff Koons in den frühen 1990er Jahren, als er den italienischen Pornostar Chiccolina heiratete und unter dem Titel "Made in Heaven" die intimen Bereiche seiner Ehe thematisierte. Er gab das lustvolle Geschehen bis in alle Details wider, jedoch nicht um zu schockieren, sondern um in der Provokation die Schönheit zu offenbaren, wie er sagte.
Ihre orange Schönheit wird die "Balloon Venus" im NHM noch bis März offenbaren: Das Vorbild, die "Venus von Willendorf" - wie man seit kurzem weiß, ist sie älter als angenommen, nämlich 29.500 Jahre alt - wird wohl noch länger vor Ort sein.