"The Look of Silence" von Joshua Oppenheimer
Mehr als eine halbe Million Sympathisanten der Kommunistischen Partei Indonesiens wurden in den 1960er Jahren von den Schergen des damaligen Machthabers General Suharto getötet.
8. April 2017, 21:58
Ein dunkles Kapitel in der Geschichte des Landes, das der US-amerikanische Regisseur Joshua Oppenheimer 2013 in seinem Dokumentarfilm "The Act of Killing" erstmals aus der Sicht der Täter aufgerollt hat. In seinem neuen Film "The Look of Silence" beleuchtet Oppenheimer den Massenmord aus der Sicht eines der vielen Opfer und seiner Familie.
Morgenjournal, 3.11.2015
Schweigen, Kleinreden oder viele Ausreden. Wenn der Optiker Adi die Mörder seines Bruders Ramli mit seinen Fragen konfrontiert, sind das die üblichen Reaktionen. Nicht dass sich die Täter nicht mehr an ihre Taten erinnern - sie tun es detailliert, wie man aus Joshua Oppenheimers Film "The Act of Killing" weiß -, doch die Verantwortung dafür wollen sie nicht übernehmen. "Sie stellen zu tiefgründige Fragen", mokiert sich da einer der Mörder gegenüber Adi.
Adi sucht Einsicht der Täter
Immer wieder sitzt Adi vor dem Fernseher und schaut sich Szenen aus "The Act of Killing" an, detaillierte Schilderungen über die körperlichen Verstümmelungen seines Bruders. Doch Adi sucht nicht Rache, sondern Einsicht, die Einsicht der Täter in ihr grauenhaftes Tun, die Voraussetzung für Verzeihen und Versöhnung. Wenn er die Täter mit der Geschichte seines Bruders konfrontiert, wird Adi im Verlauf des Films immer konkreter, immer mutiger.
Man darf nicht vergessen: Diese Männer sind teilweise auch heute noch mächtige Funktionäre in Indonesien. Durch Drohungen der Armee gegen die Überlebenden wäre es auch schwierig gewesen, diesen Film zu machen, so Regisseur Joshua Oppenheimer. Und so Oppenheimer weiter, die Täter hätten einfach nicht erwartet, derart direkt mit ihrer dunklen Vergangenheit konfrontiert zu werden.
Getrennt durch Schweigen
Adis Gespräche - Dokumente von hoher psychologischer Aussagekraft - kontrastiert Oppenheimer mit Bestandsaufnahmen der Gegenwart. Noch immer werden die Kommunisten von einst im Schulunterricht als grausame und gottlose Bestien dämonisiert. Bis heute leben Täter und Opfer in den Dörfern Seite an Seite, getrennt durch Schweigen über die Vergangenheit, noch immer geht ein Riss durch die Gesellschaft. Aber nicht zuletzt durch den Film "The Act of Killing", der 2014 auch eine Oscar-Nominierung erhielt, sei Bewegung in die Diskussion gekommen, meint Regisseur Oppenheimer.
Und dennoch, auch Kinovorführungen von "The Look von Silence" in Indonesien mussten wegen Drohungen abgesagt werden, fast die Hälfte der Filmcrew wurde aus Sicherheitsgründen im Abspann des Films anonym gehalten, und Oppenheimer selbst ist in Indonesien längst eine Persona non grata.