Flüchtlingsgipfel in Malta

Die Flüchtlingskrise steht ab heute im Mittelpunkt des EU-Afrika-Gipfeltreffens. In Malta versuchen die Europäer gemeinsam mit den Afrikanischen Staaten Strategien zur Bewältigung der Flüchtlingsströme zu finden. Malta hat sich als Austragungsort für diesen Gipfel angeboten - weil es seit Jahren schon Erfahrungen mit Flüchtlingen hat. Dabei ist das Land keineswegs beispielgebend für menschlichen Umgang mit Schutzsuchenden.

Morgenjournal, 11.11.2015

Eine Reportage aus Malta,

Aus österreichischer Sicht konzentriert sich das Flüchtlingsproblem auf den Mittleren Osten und den Krieg in Syrien. Aber aus dem afrikanischen Raum flüchten täglich tausende Menschen in Richtung Europa und diese Migrationsbewegung wird in den kommenden Jahren nicht kleiner werden. Deshalb steht die Flüchtlingskrise heute im Mittelpunkt des EU-Afrika-Gipfeltreffens. In Malta versuchen die Europäer gemeinsam mit den Afrikanischen Staaten, Strategien zur Bewältigung der Flüchtlingsströme zu finden. Malta hat sich als Austragungsort für diesen Gipfel angeboten - weil es seit Jahren schon Erfahrungen mit Flüchtlingen hat. Dabei ist das Land keineswegs beispielgebend für menschlichen Umgang mit Schutzsuchenden.

Internierungen werden eingeschränkt

Herausputzen für den großen Auftritt - das Flüchtlingszentrum in Marsa nahe der Maltesischen Hauptstadt Valletta soll repräsentabel sein. Regierungschefs und Journalisten werden hier in den kommenden zwei Tagen erwartet.
Einer der Bewohner ist Mohammed aus dem Irak. Er war Buchhändler, bevor er die Flucht übers Mittelmeer nach Europa angetreten hat. Hier im offenen Flüchtlingszentrum gehe es im gut: Denn zuvor war er 18 Monate lang inhaftiert. Maltesische Abschreckungspolitik. Jeder Boots-Flüchtling gilt vor dem maltesischen Gesetz als illegaler Einreisender. Und kommt automatisch in Haft. Jon Hoisaerter vom UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR prangert diese Regelung schon seit Jahren an: Ein System, das schutzbedürftige Menschen automatisch ins Gefängnis befördert ist widerspricht internationalem Recht.

Seit gut einem Jahr aber bewege sich etwas in der maltesischen Innenpolitik, hält der UNHCR-Beobachter fest: Es ist ermutigend, dass die maltesische Regierung an neuen Gesetzen arbeitet, die willkürliche Internierungen einschränken. Schon vor einem Jahr wurde entschieden, dass Kinder nicht eingesperrt werden sollten. Es bewegt sich etwas.

Ein Grund ist, dass das Flüchtlingsaufkommen auf der Insel drastisch abgenommen hat, seit das Nachbarland Italien Bootsflüchtlinge aktiv rettet. Eine Atempause, die die Regierung für Integrationsmaßnahmen ergreifen sollte, verlangt Alba Cauchi. Die Menschenrechtsaktivistin unterstützt Asylwerber und bringt ihnen Englisch und Maltesisch bei: Für die Asylwerber ist es entscheidend, die Sprache zu beherrschen. Leider sind Sprachkurse noch immer nicht fixer Bestandteil der Integrationspolitik.

Doch selbst Bildung führt in Malta nicht automatisch zu Akzeptanz. Saleh Ahmed aus Äthiopien lebt seit 10 Jahren in Malta, in der Zwischenzeit hat er das Masterstudium "Internationale Beziehungen" abgeschlossen. Dennoch bekommt er weiterhin nur Aushilfsjobs: Es ist weiterhin schwierig. Die Leute sehen nicht, dass ich heute viel mehr bieten kann. Sie sehen in mir weiterhin nur den Flüchtling.

Beinahe zynisch ist, dass Saleh Ahmed von den Organisatoren des heute beginnenden EU-Afrika-Gipfels für einige Tage angeheuert wurde. Er soll die Delegationen aus den 63 Teilnehmerstaaten am Flughafen begrüßen. Quasi als Vorzeigebeispiel für gelungen maltesische Integration.