EU-Flüchtlingsfonds für die Türkei

Die Europäische Union kämpft an allen Fronten um Kontrolle der Flüchtlingskrise. Der EU-Afrika-Gipfel in Malta gestern Vormittag hat den Afrika-Fonds offiziell aus der Taufe gehoben, um Fluchtursachen wie Armut oder Chancenlosigkeit zu anzupacken. Beim informellen EU Gipfel im Anschluss ist die Zusammenarbeit mit der Türkei im Zentrum gestanden. Hier legt die EU ganz klar einen Gang zu.

Flüchtlinge in Malta

APA/EPA/GEORGI LICOVSKI

Morgenjournal, 13.11.2015

Aus Malta,

Der EU-Flüchtlingsfonds für die Türkei steht in groben Zügen. Bundeskanzler Werner Faymann bestätigte am Donnerstagabend nach Beratungen mit seinen Kollegen auf dem EU-Sondergipfel in Malta einen entsprechenden "politischen Beschluss". Faymann sprach von einer "Richtgröße" von drei Milliarden Euro, der österreichische Beitrag soll der EU-Kommission zufolge rund 57 Millionen Euro betragen. Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa.

Finanzierung noch offen

Die Krise wird zum Dauerzustand. Gipfel um Gipfel, Treffen um Treffen Beschluss nach Beschluss. Und doch scheint nichts davon irgendetwas an der Situation zu ändern. Die mahnenden Worte der EU Spitzen wirken nach jedem Gipfel wie das Amen im Gebet. Trocken wie immer EU Ratspräsident Donald Tusk: Es gibt keinen Zweifel, die Zunft des Schengenraumes, des grenzenlosen Europas ist in Gefahr, uns läuft die Zeit davon. Die Nachricht vom Stacheldraht in Slowenien, den Barriere-Plänen Österreichs und der Wiedereinführung der Grenzkontrollen in Schweden hat die beiden Gipfeltage hier überschattet und würden jede Woche zeigen wie dramatisch die Situation ist.

Mit Galgenhumor spricht EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker die Geschwindigkeit der Flüchtlingsumverteilung auf ganz Europa an. Von 160.000 haben bisher gerade einmal 130 eine neue Heimat in Europa gefunden: Wenn wir in diesem Tempo weitermachen ist der letzte im Jahr 2101 verteilt.

Trotzdem es gibt Bewegung und diesmal auch Unterstützung von unerwarteter Seite: Ich bin sehr froh zu sehen, dass Tschechien, Ungarn und die Slowakei 400 Experten für Registrierungszentren, für die EU-Grenzschutzagentur Frontex und die EU-Asylbehörde EASO zur Verfügung stellen, das ist eine gute Neuigkeit und da bewegen wir uns weiter.

Bewegung gibt es bei der geplanten Zusammenarbeit mit der Türkei. Aus EU-Sicht soll die Türkei helfen die Fluchtbewegungen nach Europa einzudämmen - durch Grenzschutz, den Kampf gegen Schlepper und mehr Perspektiven für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge. Dafür bietet die Europäische Union etwa Visaerleichterungen, der Prozess soll beschleunigt werden, sagt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Und 3 Milliarden Euro, mit denen die Lebensbedingungen der 2 Millionen Flüchtlinge in der Türkei besser gestaltet werden sollen.

Aber es ist eine Einigung mit Abstrichen. EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker: Wir haben einige Finanzierungsprobleme, die wir in 8 Tagen lösen wollen. Die Kommission stellt 500 Millionen für den Türkeifonds zur Verfügung innerhalb von 2 Jahren, das heißt, die Mitgliedsstaaten müssen noch 2,5 Milliarden in den nächsten zwei Jahren beisteuern.
Doch die Mitgliedstaaten zieren sich. Eine Finanzierung des Türkeifonds aus dem EU-Budget erscheint vielen als bessere Variante. Bundeskanzler Werner Faymann sagt es gebe verschiedene Möglichkeiten im Budget oder die Ergänzung mit nationale Beiträgen. Aber es sei aus seiner Sicht außer Streit gestellt.
Der nächste Konflikt scheint vorprogrammiert. EU Kommissionspräsident Juncker hat den Mitgliedsstaaten eine Deadline gesetzt, spätestens bis zum EU Türkeigipfel Ende November Anfang Dezember sollte der Fonds gefüllt sein. Wenn die EU Mitgliedsstaaten bis dahin nicht wieder einen Rückzieher machen