Österreichs Hilfsgelder stecken fest
Vor Ort helfen, damit die Menschen nicht fliehen: das ist das Bekenntnis. Noch muss die EU sehen, wie sie die drei Milliarden Euro, die die Türkei erhalten soll, zusammenkratzt. Und auch sonst hinkt die Realität hinterher. Für Syrien, Afrika und UN-Organisationen wird Österreich bis Ende nächsten Jahres 26 Millionen Euro bereitstellen - darunter auch 5 Millionen Euro für das World Food Program, die UN-Hungerhilfe in Syrien. Aber das Geld steckt fest.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.11.2015
Vor einem Jahr musste das World Food Programm die Lebensmittelhilfe für Hundertausende Flüchtlinge in der Region um Syrien einstellen, weil die Mitgliedstaaten zu wenig Zahlungen geleistet hatten. Österreich hat seinen eher bescheidenen Beitrag für Syrien von 400.000 Euro heuer überhaupt erst im Oktober überwiesen. Die Säumigkeit hatte Folgen: Der scheidende UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, stellte diese Woche fest, dass die Kürzungen der Hungerhilfe der letzte Auslöser der anhaltenden Flüchtlingswelle nach Europa gewesen seien.
Für den Grün-Abgeordneten Peter Pilz, der einen gemeinsamen Entschließungsantrag mit SPÖ und ÖVP zur Aufstockung der direkten Hungerhilfe um rund 15 Millionen Euro initiiert hat, ist das Vorgehen der Regierung daher unverständlich. Das World Food Program hat auf Anfrage erklärt, das Geld komme nicht. Die Bundesregierung weigere sich dem Auftrag des Parlaments zu folgen. Statt der 15 Millionen sind 400.000 Euro überwiesen worden, sagt Pilz.
Die 400.000 Euro hingen bis in den Oktober hinein im bürokratischen Gestrüpp zwischen dem zuständigen Landwirtschaftsministerium und der abwickelnden Austrian Development Agency fest. Die ADA gehört zum Außenministerium, dessen Chef Sebastian Kurz von der ÖVP an sich genauso argumentiert wie der Grüne Pilz: wenn wir uns in Österreich einen Dollar pro Tag für einen Flüchtling im Libanon sparen, zahlen wir zwei Monate später 20 Euro pro Tag, wenn die Leute völlig erschöpft auf einer gefährlichen Reise nach Österreich kommen, so Pilz.
Dennoch tue die Regierung nur das, was unbedingt notwendig sei. Die Einzahlungen in die EU-Hilfsprogramme seien ja Pflicht, zum Teil hole Österreich da nur Versäumtes nach. Dafür könne man sie nicht würdigen. Wenn ein Privater dem Finanzamt ein Jahr die Steuer schuldig bleibe, uns ein Jahr später die Steuer zahlt, dann erwarte man sich auch keine Würdigung vom Finanzamt.
In der Kür, also freiwilligen Zahlungen für Hilfe in der Region, sei die Regierung ganz schlecht. Das werde sich das Parlament nicht gefallen lassen, sagt Pilz. Unklar ist auch, wann genau die 26 Millionen in die EU-Hilfs-Programme fließen und warum man sich ein Jahr Zeit lässt. Das Landwirtschaftsministerium, das vom Finanzminister an sich die Freigabe für fünf Millionen Euro hat, konnte auf Anfrage weder sagen, wann dieses Geld locker gemacht wird - und ob die Zahlung das Ressort selber oder wieder die ADA abwickelt. Genau dieser Punkt hat zuletzt zur monatelangen Blockade der Syrien-Hungerhilfe geführt.