Moskau straft Türkei wirtschaftlich

Das russische Militär bestreitet, dass der Kampfjet in den türkischen Luftraum geflogen sei und der Abschuss durch die türkische Luftwaffe gerechtfertigt gewesen sei. Wladimir Putin droht der Türkei mit Konsequenzen - aus jetziger Sicht deutet wenig auf militärische Antwort und Vieles auf wirtschaftlichen Druck.

Vladimir Putin

APA/EPA/MAXIM SHIPENKOV / POOL

Mittagsjournal, 25.11.2015

Aus Moskau,

Mit einer scharfen Antwort hat der russische Präsident Putin der Türkei gedroht, nachdem die türkische Luftwaffe gestern einen russischen Kampfjet abgeschossen hat. Dieser, so die türkische Armee, sei in den türkischen Luftraum an der Grenze zu Syrien eingedrungen. Moskau bestreitet dies weiterhin und betont, der Flieger sei ausschließlich über syrischem Gebiet unterwegs gewesen. Mit welchen Konsequenzen nun Moskau die Türkei bestrafen will, ist noch nicht klar. Militärische Aktionen Russlands gegen türkische Ziele gelten als unwahrscheinlich, eher dürften die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Türkei und Russland nun stark unter Druck geraten.

Ein Pilot gerettet

Einen Tag nach dem Abschuss des russischen Jets im syrisch-türkischen Grenzgebiet gibt es auch eine gute Nachricht: der zweite Pilot des Kampffliegers ist in Sicherheit. Das bestätigt Präsident Putin am Vormittag: "Der Pilot ist gerettet. Nach meinen Informationen ist er auf unserer Basis.

Unterdessen droht Regierungschef Dmitri Medwedew der Türkei mit wirtschaftlichen Konsequenzen für den Abschuss des Jets. Gemeinsame Projekte könnten gestoppt werden. Welche genau, sagt Medwedew nicht. Die Türkei hängt von russischen Erdgaslieferungen ab, allerdings rechnen Experten nicht damit, dass dieses Druckmittel sofort zum Einsatz kommt. Ein Opfer könnte aber die geplante Gaspipeline "Turkish Stream" sein, die Russlands Präsident Putin anstelle des gescheiterten South-Stream Projekts bauen wollte. Doch die Verhandlungen zwischen Moskau und Ankara über die Pipeline, die russisches Gas durch die Türkei nach Europa leiten soll, stocken schon seit längerem. Ein schwerer Schlag droht jedenfalls der türkischen Tourismus-Industrie. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnt nun die Bevölkerung davor, die Türkei zu besuchen: "Es gibt viele Terrorakte in der Türkei, nach unserer Meinung nicht weniger als in Ägypten. Daher raten wir unseren Bürgern ab, aus touristischen oder anderen Gründen in die Türkei zu reisen."

Eine Warnung, die auch Präsident Putin ausdrücklich unterstützt. Die Türkei ist eines der beliebtesten Reiseziele für Russen, allein letztes Jahr besuchten mehr als 3 Millionen russische Touristen das Land. Manche Beobachter schließen auch eine militärische Reaktion Moskaus auf den Abschuss des russischen Kampfjets nicht aus. Etwa Konstantin Simonow, der Leiter des russischen Fonds für Energiesicherheit in einem Kommentar auf dem Radiosender Kommersant: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass Russland Raketenabwehrsysteme in Syrien aufstellt und türkische Flugzeuge abschießt, die in den Luftraum Syriens eindringen. Die NATO anerkennt das Recht der Türkei, Flieger abzuschießen, die in ihr Territorium gelangen. Das gleiche Recht könnte Syrien an uns delegieren."

Solche Absichten bestätigt die politische Führung Russlands bisher jedenfalls nicht. Auch wenn laut Verteidigungsminister Sergej Schoigu nun die neuesten russischen Luftabwehr-Raketen S400 nach Syrien verlegt werden. Denn es gibt auch Signale der De-Eskalation: Russland sei bereit, einen gemeinsamen Generalstab mit den USA, Frankreich und anderen Ländern im Kampf gegen die Terrormiliz IS einzurichten, sagt der russische Botschafter in Paris. Und: auch die Türken seien in diesem Generalstab willkommen, wenn sie wollten.