Umberto Eco im Burgtheater
Der italienische Philosoph und Autor Umberto Eco gilt als einer der profiliertesten Universalgelehrten der Gegenwart. Wie umfassend sein Wissen in Geschichte und Gegenwart ist, und wie eloquent der Autor von Romanen wie "Der Name der Rose" und "Das Foucaultsche Pendel" damit umgeht, davon konnte man sich gestern Abend einmal mehr im Burgtheater in Wien überzeugen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 4.12.2015
Mussolini wurde gar nicht erschossen, sondern ein Doppelgänger, während der Duce nach Südamerika fliehen konnte. Oder: Papst Johannes Paul I. ist 1978 nach einem Monat im Amt ermordet worden, weil er die finanziellen Ungereimtheiten im Vatikans aufdecken wollte. Verschwörungstheorien sind ein fixer Bestandteil in den Romanen von Umberto Eco, so auch in seinem neuen Buch "Nullnummer". Doch warum sind gerade Verschwörungstheorien so beliebt? Ganz einfach, sagt Umberto Eco, weil man sich damit einfach abputzen könne, immer sei jemand anderer für das, was passiere verantwortlich.
Zeitungsprojekt im Jahr 1992
"Nullnummer" handelt von einem Zeitungsprojekt im Jahr 1992, mit dem ein potenter Investor die Zeitung für seinen eigenen gesellschaftlichen und politischen Einfluss missbrauchen möchte. In sämtlichen Besprechungen des Romans in Deutschland wäre damit Berlusconi eindeutig identifiziert worden. Die Deutschen, meint Eco, wären wohl von Berlusconi noch mehr besessen, als die Italiener selbst. Freilich könne man an Berlusconi denken, doch er hatte eher an andere großspurige Unternehmer im Sinn, etwa Donald Trump und Rupert Murdoch. Berlusconi selbst sei ohnehin am Abstieg, fürchten müsse man sich allerdings vor den möglichen Berlusconis der Zukunft, so der Autor.
In "Nullnummer" demaskiert Eco auch journalistische Unarten, etwa die Verwendung von sprachlichen Allgemeinplätzen, Spekulationen statt Fakten, die Wahl von fragwürdigen Quellen. Auch Schriftsteller können da dazugehören, so Eco. Eine Unsitte, wenn sie von den Medien quasi als Orakel angesehen werden, dabei würden Schriftsteller von manchen Dingen genauso wenig verstehen wie jeder andere.
"Philosophie kann die Welt nicht retten, aber sie hilft, Dummheit zu verstehen"
"Nullnummer" sei sein letzter Roman, meint der fast 84-jährige Eco. Für jedes seiner fiktiven Werke habe er rund sechs Jahre gebraucht. Der nächste wäre wohl erst mit 90 fertig, und wer weiß, ob er dann noch lebe und überhaupt, so kokettiert der Professore, wer weiß, ob sich die Leser für ein Buch eines 90-Jährigen noch interessieren würden.
Natürlich geht Umberto Eco nicht in Pension, er werde weiterarbeiten - woran sei aber ein Geheimnis. Nur so viel wollte er gestern im Burgtheater dem Publikum noch mitgeben: Die Philosophie könne die Welt von der Dummheit nicht heilen, immerhin könne sie aber helfen, die Dummheit zu verstehen.
Service
Umberto Ecos, "Nullnummer", Hanser-Verlag München