Gespräch mit Konstantin Wecker

Der Liedermacher, Musiker, Poet und Autor Konstantin Wecker ist bekannt für sein politisches Engagement und beschäftigte sich seit den 70er Jahren in seinen Texten mit aktuellem Geschehen. So auch auf seiner letzten CD mit dem Titel "Ohne Warum", die im Juni erschienen ist. Im neuen Jahr geht er damit auch in Österreich auf Tour - gewohnt poetisch, gewohnt politisch und alarmierend aktuell.

Konstantin Wecker

Konstantin Wecker war zuletzt Mitte Dezember in Ö1 beim Promi-Quiz "gehört.gewusst" zu Gunsten von "Licht ins Dunkel" zu Gast.

ORF / JOSEPH SCHIMMER

Kulturjournal, 23.12.2015

Welches Ihrer neuen Lieder passt am besten zur aktuellen weltpolitischen Situation?

Zwei: "Der Krieg" ausgehend von einem Gedicht von Georg Heym. Heym hat zwei Jahre vor dem Ersten Weltkrieg den Krieg vorausgeahnt. Vor hundert Jahren war der Erste Weltkrieg, und es schaut so aus, als ob wir das alles vergessen hätten.

Das zweite Lied ist ein sehr hoffnungsfrohes: "Ich habe einen Traum" - ich hab' einen Traum, wir öffnen die Grenzen und lassen alle herein, alle, die fliehen vor Hunger und Mord, und wir lassen keinen allein. (…) Glauben Sie mir, das geht. Selbst wenn wir in Deutschland 60 Millionen Flüchtlinge aufnehmen würden, selbst, wenn wir das würden, dann hätten wir immer noch eine geringere Bevölkerungsdichte als Holland. Das heißt selbst das könnte gehen. Aber das will ja niemand, die 60 Millionen wollen auch gar nicht zu uns. Es wird da auch so viel Panikmache betrieben. Wir haben alle Wohlstand genug, um auch etwas abzugeben.

Verhält sich die Kirche in der jetzigen Krise korrekt?

Ich bin ja aus der Kirche ausgetreten und im Moment habe ich ein Problem, die Kirche allzu sehr anzugreifen, weil ich den Papst mag. Das ist der erste Papst, der mir wirklich gefällt. Der hat etwas Verschmitztes, Abgehobenes, wo man das Gefühl hat, der schert sich auch nicht um die schrecklichen Machtapparate, die im Vatikan herrschen. Und er sagt Dinge, die geradezu für einen Papst sensationell sind; er spricht sogar von Revolution.

Sind Sie trotz Ihres Kirchenaustritts ein spiritueller Mensch?

Ich habe erst, als ich aus der Kirche ausgetreten bin, wieder einen Zugang zur Spiritualität gefunden und eigentlich auch zur Religiosität. Und dann habe ich als Bestätigung dessen, was in mir nonverbal vorgegangen ist, eines der großartigsten Bücher gelesen: "Mystik und Widerstand" von der evangelischen Theologin Dorothee Sölle. Das Buch zeigt, wie notwendig dieses Erleben der Einheit, das man beim Meditieren oder beim Gebet hat, ist. Was unsere Gesellschaft seit Jahrhunderten mit uns macht, ist nicht richtig, denn sie zerstört diese Einheit. Und deswegen Wiederstand: Der Mystiker ist immer ein Widerständler.