Joan Baez ist 75

Heute feiert die amerikanische Folksängerin Joan Baez ihren 75. Geburtstag. Baez gehört seit über einem halben Jahrhundert zum Inventar des politischen Protestsongs. Auch mit 75 ist die First Lady des Protestsongs immer noch unterwegs - erst im vergangenen Sommer war sie etwa auch in Österreich zu sehen.

Morgenjournal, 9.1.2016

Joan Baez war schon in Woodstock dabei, ebenso wie später beim Festival Live Aid. Über 50 Platten hat sie veröffentlicht. Bob Dylan wurde erst durch sie bekannt. Mit Martin Luther King marschierte sie auf Washington. Baez war eine der schärfsten Kritikerinnen des Vietnamkrieges und unterstützte die Occupy Wallstreet Bewegung ebenso wie die Kandidatur von Barack Obama in den USA.

Protest von Anfang an

Joan Baez keine Nostalgikerin. Die Ungerechtigkeiten des Heute fordern sie dafür viel zu viel. Für versonnene Rückblicke in die 60er Jahre bleibt da keine Zeit. Seit über fünfzig Jahren ist sie das sanfte Gewissen der Folk- und Protestmusik. Und auch mit 75 denkt Joan Baez nicht daran, ihren Gitarrenkoffer für immer in die Ecke zu stellen.

Richtig hip war Joan Baez selten. Dafür war sie meist zu sehr von der Aura der Klassenstreberin umgeben. Baez war bedacht und sensibel während andere dem Popstarleben fröhnten oder angesichts der verkommenen Politik einfach kapitulierten.

Gerade einmal 18 Jahre war Baez, als sie über Nacht zum Postergirl der neuen Protestbewegung wird. Mit kristallklarer Stimme, langen schwarzen Haaren und engelsgleichem Gesicht wurde sie beim Newport Folk Festival schlagartig zur First Lady des Folk.

An ihrer Seite der damals noch unbekannte Bob Dylan, den Baez immer wieder auf ihre Bühne holt. Die beiden werden ein Paar bis Dylan sich für E-Gitarre und psychedelische Drogen entscheidet und sich recht ungehobelt verabschiedet. Verbittert war sie deswegen nie. Im Gegenteil - noch heute gehören Dylan Songs zu ihrem Repertoire, sie wären einfach zu gut, um sie nicht zu singen.

Geboren wurde Joan Baez in eine Quäkerfamilie in New York. Gleichheit, Wohltätigkeit und der Verzicht auf Gewalt gehörten zu den Grundpfeilern ihrer Jugend. Eine Prise Aufmüpfigkeit kommt wohl auch von ihrem mexikanischen Vater, der als Physiker aus der Rüstungsindustrie ausstieg und sich fortan dem Pazifismus verschrieb.

Dass sie lange an heftiger Bühnenangst und Panikattacken leidet, bleibt für ihr Publikum hinter ihrem stets nachdenklich frohsinnigen Äußeren verborgen. Es ist die Musik, die sie am Ende immer wieder rettet, meint Joan Baez.

Joan Baez ist Politikerin mit Gitarre und Musikerin mit politischem Sendungsbewusstsein. Zumindest ein Album wolle sie noch machen und mit seichtem Berieselungspop wird wohl auch dann nicht zu rechnen sein.