Versuch einer Aktualisierung
Die Idee des Sozialismus
Dass schon für Ernst Jandl "rinks" und "lechts" schwer unterscheidbar waren, kann man wohl auch als ein Zeichen einer Identitätskrise des Sozialismus deuten. Axel Honneth, als Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung ein Nachfolger Max Horkheimers, eines der Begründer der "Kritischen Theorie", versucht seit mehreren Jahren eine Aktualisierung der Idee des Sozialismus.
8. April 2017, 21:58
Kontext, 15.01.2016
Axel Honneths schrittweise Argumentation in seinem vorlesungsartig aufgebauten Buch zur Konstruktion einer zeitgemäßen Idee des Sozialismus setzt beim epochalen Charakter der französischen Revolution ein. Mit der akzeptierten Parole "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" sei der immerwährende Anspruch auf eine gerechte Sozialordnung begründet worden.
Friedrich Engels hat die Frühsozialisten, Charles Fourier, Robert Owen und vor allem Pierre-Joseph Proudhon noch als "Utopisten" bezeichnet und ihren Ideen den wissenschaftlichen Sozialismus von Karl Marx entgegengesetzt. Honneth knüpft bei ihnen den Frühsozialisten an, die die Grenzen der bürgerlichen Revolution erkannt hätten. Ihr Kampf gegen das Eigentum sei kein Selbstzweck gewesen, sondern hätte auf Gerechtigkeit gezielt.
Wegweisend ist Honneth dabei Proudhons Gedanke, dass der Sozialist die Freiheit eines jeden nicht als eine "Schranke" für die Freiheit der Anderen, sondern als eine "Hilfe" für deren Realsierung verstehe. Hier findet Honneth sein titelgebendes Konzept einer "sozialen Freiheit" – wenn wir alle wechselseitig unsere Bedürftigkeit anerkennen, unsere Abhängigkeit vom Anderen, dann könnte uns die Versöhnung von Freiheit und Solidarität gelingen. Das ist ohne Zweifel eine Idee – ob sie auch imstande ist, die Massen zu ergreifen, bleibt abzuwarten. Sie kennt keinen Gegner, und der Weg ihrer Verwirklichung bleibt dunkel.
Service
Axel Honneth, "Die Idee des Sozialismus - Versuch einer Aktualisierung", Suhrkamp Verlag