"Trümmerfrauen" am Schauspielhaus Graz

Den "Trümmerfrauen" - jenen Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Wiederaufbau der zerstörten Städte buchstäblich in die Hand genommen haben, setzt das Grazer Schauspielhaus ab heute ein musikalisches Denkmal. Gestaltet vom bosnisch-österreichischen Regisseur und Musiker Sandy Lopicic, der dafür einen nostalgischen Klangteppich mit außergewöhnlichen Instrumenten erschuf.

Morgenjournal, 15.1.2016

"Ein schaurig-schöner Abend"

Link

Schauspielhaus Graz - Trümmerfrauen, Bombenstimmung

Lopicics Sprache der Töne

Von Rahmersatz über Speckauskochen, um den argen Speiseplan nach dem Krieg etwas aufzufetten - Haushaltstipps oder Methoden der Kindererziehung erinnern an triste Zeiten. Es gibt nur wenige gesprochene Textteile, denn die Sprache des Regisseurs, Filmkomponisten und Balkan-Band-Leaders Sandy Lopicic sind die Töne - und wie er diese Klaviatur mit neun Schauspielerinnen und Musikern schaurig-schön zum Klingen bringt, zeigt der Abend "Trümmerfrauen, Bombenstimmung".

Eine sich wandelnde Rumpelkammer

"Wir erzählen Situationen assoziativ - durch die Auswahl von Liedern, die ja sehr bekannt sind", so Lopicic, und von ihm neu arrangiert wurden. Seine Gesellschaft im Kleinen agiert in einer Art Rumpelkammer oder auf einem Trümmerhaufen: Zwischen zerschlissenem Sofa, Armstuhl und Gartenbank sind jede Menge Gerätschaften, die sich in ein unvergleichlich reiches Instrumentarium verwandeln.

"Sich am Klang endlich austoben"

Zeitungen, die exakt im Takt zerrissen werden, Kanister, Waschbrett, Kaffeemühle, Kohlenkübel, Besen oder eine Nähmaschine, die nicht nur surrt, sondern per Pedal einen Stuhl und so die Stimme der darauf stehenden Sängerin erzittern lässt; oder ein Kronleuchter mit Schläuchen, die daran fixierte kleine Flöten erklingen lassen - entstanden "aus dem Wunsch, sich wie ein Kind an verschiedensten Klängen austoben zu dürfen", erklärt Lopicic.

Erfindungsreichtum in einer kargen Zeit

Parallel erzählen sie vom Erfindungsreichtum und Optimismus einer kargen Zeit. Der unerschütterliche Wille, alles gut werden zu lassen swingt in unzähligen Details mit - berührend und mit Augenzwinkern: Wenn etwa heimkehrende Kriegskrüppel die fein herausgeputzten Damen charmant umgarnen. Ein Abend, der aber auch von einer fragilen Gegenwart erzählt und groß darüber steht wohl die Parole: Es lebe das Leben.

Übersicht