Müssen wir alle gleich viel haben?
Ungleichheit
Nur wenige Autoren beherrschen die Kunst, große Themen auf unter hundert Seiten abzuhandeln. Einer von ihnen ist der amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt, geboren 1929. Soeben ist sein Essay mit dem Titel "Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen" erschienen.
8. April 2017, 21:58
Kontext, 5.02.201
Zunächst mag es den meisten Menschen einleuchten, dass es moralisch besser wäre, wenn alle Menschen ökonomisch gleichgestellt wären. Wenn Harry G. Frankfurt wider den Stachel dieses intuitiven Konsenses löckt, dann nicht, um anzuecken oder um zu beweisen, dass Gleichheit nicht wünschenswert sei, sondern um das schlampige Denken dahinter aufzudecken. Ökonomische Gleichheit, so lautet seine Hauptthese, ist nicht per se wünschenswert, sondern nur, weil sich auf ihrem Boden andere soziale oder politische Ziele wie Gesundheit und Partizipation, Unparteilichkeit und Respekt besser durchsetzen lassen.
Das Argument, das Frankfurt gleich im ersten Abschnitt auf den Tisch legt, verblüfft ob seiner Einfachheit: Was die meisten Menschen an der neuen ökonomischen Ungleichheit eigentlich störe, sei nicht die Ungleichheit an sich, sondern dass es manchen Menschen nicht gut genug ginge, dass sie arm seien. Denn es würde ja wohl kaum jemand fordern, dass alle gleich arm sein sollen.
Beitrag: Kirstin Breitenfellner
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Harry G. Frankfurt, "Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen",Suhrkamp