Visegrad-Staaten machen dicht

"Wir dürfen die Balkanstaaten nicht ihrem Schicksal überlassen", so der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka beim Treffen der sogenannten Visegrad-Staaten gestern in Prag. Die Regierungschefs von Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei haben sich mit ihren Kollegen aus Bulgarien und Mazedonien getroffen um über die Flüchtlingskrise zu beraten. Und der Tenor war eindeutig: Die Balkanroute muss komplett abgeriegelt werden - und keine Verteilung von Flüchtlingen.

Präsident/innen der Visegradgruppe

Das Visegradgruppenbild: Polens Premierministerin Beata Szydlo, der mazedonische Präsident Dorge Ivanov, Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka, der bulgarische Regierungschef Bojko Borisov und im Vordergrund Ungarns Viktor Orban.

APA/AFP/MICHAL CIZEK

Morgenjournal, 16.2.2016

Spitäler und Schulen bombardiert

Der Waffenstillstand der Ende der Woche in Syrien in Kraft treten soll ist das Papier nicht wert auf dem er geschrieben steht. Das kündigt sich jetzt schon an. Denn der syrische Präsident Assad sieht wohl die Chance mit Hilfe massiver russische Luftunterstützung Boden gut machen zu können. Und das offenbar um jeden Preis. Denn die Zahl jener Opfer die gestern bei Luftschlägen auf Kinder-Krankenhäuser und Schulen im Norden des Landes ums Leben gekommen sind, steigt weiter. Zumindest 50 Zivilisten - haben den Angriff der russischen Luftwaffe nicht überlebt. Und, dass es tatsächlich russische Jets waren - daran bestehen kaum Zweifel. Sie sind klar auf Videoaufnahmen zu erkennen wie sie die Stadt Al Azaz bombardieren.

Die Türkei spricht von russischen Kriegsverbrechen - bombardiert aber selbst schon seit Tagen kurdische Stellungen und hat vor schwersten Vergeltungsmaßnahmen gesprochen wenn die Kurden versuchen sollten Al Azaz - die Grenzstadt zur Türkei einzunehmen.

Profiteur Assad

Der große Profiteur der jetzigen Situation ist der syrische Machthaber Assad. Er denkt offenbar nicht an eine Waffenruhe - jetzt wo er dank der Russen wieder Oberwasser hat. Das hat er in einer Fernsehansprache gestern Abend klar gemacht: Wir hören, dass es innerhalb einer Woche eine Waffenruhe geben soll. Na gut, aber wie soll das so schnell gehen - alle Bedingungen zu erfüllen. Und wer wird verantwortlich sein mit den Terroristen zu reden wenn sich die nicht an die Waffenruhe halten. Wer wird sie bombardieren?

Visegrad macht dicht

Chaos, Tod und Elend werden also so schnell nicht vorbei sein in Syrien. Und deshalb muss sich Europa wohl weiter auf hunderttausende Flüchtlinge einstellen. Nur wie? Das spaltet die EU - wurde auch gestern Abend wieder klar nach dem Ende des Treffens der sogenannten Visegrad-Gruppe die sich klar für einen Schutzwall an der EU-Außengrenze ausspricht.

Die schärfste Zunge der gestrigen Runde ist wieder einmal der ungarische Regierungschef Viktor Orban. Was er von der Idee hält Flüchtlinge auf die Länder der EU zu verteilen hat er schon mehrmals gesagt: Nichts nämlich. Ganz im Gegenteil: Die Flüchtlinge seien der Hort des Bösen - so Orban auch gestern am Abend nach dem Treffen: Migrationspolitik funktioniert nicht, sie hat den Nährboden für Terrorismus, Gewalt und Angst geschaffen. Deswegen soll der Migrationszufluss gestoppt und unter Kontrolle gebracht werden.

Und zwar mit allen Mitteln. Wenn Griechenland nicht in der Lage sei die Flüchtlinge abzuwehren - dann müssten eben die Balkan-Länder Mitteleuropa verteidigen: Es gibt so etwas wie die zweite Verteidigungslinie in der EU. Das was jetzt die Schengen-Grenze ist. Also: Ungarn, Slowakei, Österreich und die slowenisch-italienische Grenze. Die Hauptfrage ist doch, ob wir diesen sekundären Schutzwall wirklich aufbauen wollen.

Der mazedonische Präsident Ivanov ist bereit an der Grenze zu Griechenland genau diese Grenzzäune zu errichten: Von uns, als Mazedonien, wird erwartet, dass wir verantwortlicher Handeln als andere EU-Länder. Wir drücken uns nicht davor, doch verlangen wir von der EU politische und wirtschaftlichen Garantien.

Der slowakische Regierungschef Robert Fico, der mitten im Wahlkampf steht, kündigte an, Mazedonien mit bis zu 300 Polizisten zu unterstützen. "Ich wäre froh, wenn uns die griechischen Freunde positiv überraschen, bin aber pessimistisch", so Fico: Ich bin der Meinung, dass manchen europäischen Politikern der Sinn für Realität in der Frage der Migrationskrise fehlt. Einig sind sich die Vertreter der Visegrad-Staaten, dass sie keine Flüchtlinge aufnehmen wollen und von Umverteilung nichts halten.