"Asyl auf Zeit" verhindert Integration

Hinter die Fassade des harten Kurses der Bundesregierung in der Flüchtlingsthematik haben Experten aus dem Wirtschafts- und Arbeitsmarktbereich auf einer Podiumsdiskussion der Wiener Wirtschaftsuniversität geschaut: Der "Grenzen zu"-Kurs lässt die Stimmung im Land umschlagen mit weitreichenden Folgen für die Integration. "Asyl auf Zeit" bedeutet für den Arbeitsmarkt, dass sich für die Arbeitgeber die Investition in die Ausbildung von Arbeit suchenden Asylwerbern nicht lohnt.

Morgenjournal, 26.2.2016

Obergrenzen, Tagesquoten und Kürzung von Sozialleistungen - ob diese Maßnahmen tatsächlich Flüchtlinge davon abhalten werden, nach Österreich zu kommen, halten Integrationsexperten wie Gudrun Biffl für fraglich. Die Regierung habe sich jedenfalls dazu entschlossen, auf Abschreckung zu setzen, sagt Biffl, Ökonomin und Migrationsforscherin an der Donau-Uni Krems.

Sie möchten sagen: "Bei uns kannst du nicht rein und wir sind fürchterlich und wir sind scheußlich und in Traiskirchen ist auch alles Mögliche passiert - also kommt ja nicht zu uns. Wir sind gar keine lieben Menschen." Das ist die Kommunikation nach außen, dass sie gar nicht erst sich trauen, nach Österreich zu kommen.

Diese Politik der Abschreckung habe die Debatte im Land verändert, sagt Biffl. Die Zeit der Willkommenskultur sei vorbei. Die Stimmung ist schon gekippt.

Migranten werden zunehmend als Bedrohung wahrgenommen. Die bereits hier lebenden Flüchtlinge sollen aber zugleich bestmöglich integriert werden. Das werde in dieser Stimmung nicht oder nur schlecht funktionieren, sagt die Expertin. Ähnlich kritisch sieht der Chef des Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf die Politik der Abschreckung.

Nehmen wir mal an, das stimmt, dass das tatsächlich so ist, dass dann Leute wo anders hingehen und nicht zu uns und solche Themen. Dann bleibt aber trotzdem, dass viele dieser Maßnahmen für dieses Grauslichsein in einer Optimierungsaufgabe einen an das Ziel massiv erschweren, nämlich das Ziel der Integration. Als Beispiel nennt Kopf das von der Regierung beschlossene Asyl auf Zeit, also die auf drei Jahre begrenzte Anerkennung als Flüchtling.

Wenn Arbeitgeber glauben, dass es sein kann, dass die nach drei Jahren wieder heimgehen, dann wird niemand hier in eine Ausbildung investieren. Dann wird jemand, der sagt: "Ich suche eigentlich wen langfristig als Nachfolger" - wird den nicht nehmen.

Auch die Flüchtlinge selbst würde dadurch weniger Ausbildungen machen, sondern lieber rasch Geld verdienen, fürchtet der AMS-Chef. Als zweites Beispiel nennt Johannes Kopf die Dauer der Asylverfahren. Wenn sie künftig länger dauern, würde das die Integration durch das AMS erheblich
erschweren, weil sie erst später beginnen kann.

Und dann bin ich nicht mehr sicher, ob die Gleichung so stimmt. Dafür, dass vielleicht x weniger kommen, habe ich aber vielleicht das Problem, dass der Rest nicht ordentlich integrierbar ist.

Die aktuelle Debatte dürfe daher nicht vorhandene und funktionierende Integrationsangebote gefährden, fordern Kopf und Biffl. Noch mehr in Sprachkurse, in Aus- und Weiterbildung zu investieren sei stattdessen wirtschaftlich sinnvoll und langfristig günstig.