Oscar-Nachlese

Blick zurück auf die Oscarnacht in Los Angeles: Da gab es für den favorisierten "Revenant" nicht den erwarteten Oscar für den besten Film, wohl aber den für den besten Hauptdarsteller. Leonardo DiCaprio holte seinen ersten Academy Award. Der beste Film ging an ein durchaus politisches Drama: "Spotlight".

Leonardo DiCaprio umarmt Kate Winslet

AP/MATT SAYLES

Mittagsjournal, 29.2.2016

Darin geht es um die Vertuschungsversuche von Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs durch die katholische Kirche - und die Beharrlichkeit, mit der Journalisten das Thema recherchierten. Politisch korrekt oder nicht, dass musste sich die Academy in diesem Jahr im Vorfeld gefallen lassen - keine schwarzen Schauspieler fanden sich da unter den Nominierten. Die Oscars - also immer auch ein Ereignis von politischer Relevanz, wie sich auch in der einen oder anderen Rede gezeigt hat.

"Gleiche Chancen für Afroamerikaner"

Der Oscar, eine Veranstaltung der Weißen! Es kam wie es kommen musste. Nach heftiger Kritik im Vorfeld der heurigen Oscar-Verleihung wegen der Nichtberücksichtigung von Afroamerikanern bei den Nominierungen, zog sich der Diskriminierungsvorwurf wie ein roter Faden durch den gesamten Galaabend. Mit Sarkasmus hielt der afroamerikanische Moderator Chris Rock das Thema am Köcheln: Keine Schwarzen bei den heurigen Oscars? Man werde schon noch sehen, in der Oscar-Erinnerungsgalerie später finde man einige Schwarzer, die von der Polizei auf dem Weg ins Kino erschossen wurden.

Doch Chris Rocks balancierte, teilte nach mehreren Seiten aus und kam schließlich auf den sachlichen Punkt: gleiche Chancen für Afroamerikaner in der US-Filmindustrie. Fast so als hätte die Academy ein schlechtes Gewissen, traten heuer überdurchschnittlich viele afroamerikanische Präsentatoren bei der Verleihung auf. Darauf wiederum reflektierte der Komiker Sacha Baron Cohen: "Und wo bitte blieben die hart arbeitenden gelben Menschen?" Die Animationsfiguren, die Minions durften dann per animierter Einspielung ebenfalls einen Oscar vergeben.

Nach der politischen Statements

Überhaupt prägten politische Statements wie selten zuvor die Oscar-Nacht. Keinen US-Präsidentschaftskandidaten wählen, der Spendengelder von Banken und Ölfirmen nimmt, mahnte Charles Randolph, der Drehbuchautor des Films "The Big Short", US-Vizepräsident Joe Biden und Lady Gaga forderten Engagement gegen sexuellen Missbrauch und Oscar-Gewinner Leonardo DiCaprio gegen den Klimawandel.

Kaum Überraschendes

Bei all dem wäre einer der berührendsten Momente des Abends fast untergegangen: Der Oscar an den 87-jährigen Ennio Morricone für den Soundtrack zum Tarantino-Western "The Heightful Eight" passte zu den insgesamt stimmigen, um Ausgleich bemühten und wenig überraschenden Oscar-Entscheidungen: Mit sechs Oscars an "Mad Max: Fury Road" wurde einerseits furioses Ausstattungskino belohnt, andererseits sind die Oscars für "Spotlight" als bester Film und "The Revenant" für die beste Regie und den besten Hauptdarsteller Huldigungen an ein hochwertiges Erzählkino.